„Die regelbasierte Weltordnung ist herausgefordert wie nie zuvor“ - Diplomat Christoph Heusgen spricht vor ZdK-Hauptausschuss über Expansionslust Putins
Christoph Heusgen, langjähriger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und von 2017 bis 2021 deutscher UN-Botschafter in New York, hat den Krieg Russlands gegen die Ukraine als „Weckruf“ für Europa bezeichnet. „Die Europäer sehen jetzt klar, dass sie Versäumtes nachholen müssen, und zwar sehr schnell“, sagte er heute vor dem Hauptausschuss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Berlin.
„Nach der Annexion der Krim 2014 haben die Nato-Länder sich wechselseitig versprochen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, um besser gerüstet zu sein. Als Putin Anfang 2022 die Ukraine angriff, waren wir in Deutschland bei 1,3 Prozent“, so Prof. Heusgen weiter. Es sei richtig, dass die künftige Bundesregierung die Ausgaben für Verteidigung massiv erhöhen werde. „Die einzige Sprache, die Putin versteht, ist die Sprache der Stärke“, sagte der langjährige Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir müssen zeigen, dass Europa die Kraft hat, die Ukraine ausreichend zu unterstützen. Gelingt uns das nicht, heißt das, dass wir früher oder später selbst Kriegspartei sein werden. Denn Vladimir Putin hat seine Kriegsziele bislang nicht eingegrenzt. Er will die Sowjetunion wiederherstellen und deswegen stehen die Baltischen Staaten auf seiner Liste weit oben. Wenn er sie angreift, sind wir aufgrund der Beistandsverpflichtung der NATO im Krieg.“
„Es ist entscheidend, die Verteidigungspolitik europäisch zu gestalten“, sagte die Präsidentin des ZdK, Dr. Irme Stetter-Karp. „Zugleich müssen alle diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Das sind zwei Hälften einer Strategie für den Frieden, wie es jüngst auch die ‚Initiative Christen für Europa‘ in ihrer Prager Erklärung festgehalten hat. Die katholische Zivilgesellschaft Europas – und mit ihr das ZdK – wirbt darin für einen gerechten und dauerhaften Frieden, der auf den Grundsätzen des Völkerrechts basiert und die Souveränität der Ukraine und ihre territoriale Integrität respektiert.“ Sie sei mit Heusgen einig darin, „dass wir die Stärke des Rechts betonen müssen. Deutschland und Europa haben eine liberale Demokratie zu verteidigen und starke Verfassungen. Deutschland hat ein Grundgesetz, in dem Menschenrechte und Menschwürde an erster Stelle stehen. Wir leben eine regelbasierte Ordnung, auf die sich alle verlassen können. Das dürfen wir nie preisgeben.“