Bericht der Wehrbeauftragten 2024 – es gibt viel zu tun, um die Bundeswehr für die aktuellen und absehbar zukünftigen fit zu machen Herausforderungen


Der Bericht 2024 verdeutlicht, dass trotz bereits eingeleiteter Maßnahmen weiterhin erheblicher Handlungsbedarf besteht, um die Bundeswehr zukunftsfähig und einsatzbereit zu machen.
Insbesondere der sich trotz großer Anstrengungen bei der Anwerbung von Personal weiter verschärfende Personalmangel und der steigende Altersdurchschnitt stellen ein massives, die Verteidigungsfähigkeit stark beeinträchtigendes Problem dar. Aber es ist nicht das einzige.
Hier ersteinmal eine Zusammenfassung des Berichts. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen folgt.

Was sind die wesentlichen Aussagen des Berichts der Wehrbeauftragten 2024

Der Jahresbericht 2024 der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Dr. Eva Högl, beleuchtet wieder detailliert die aktuellen Herausforderungen und Fortschritte innerhalb der Bundeswehr. Die zentralen Aussagen der 6 wichtigsten Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Personalsituation:
Die angestrebte Personalstärke von 203.000 Soldatinnen und Soldaten bis 2031 erscheint derzeit unrealistisch. Ende 2024 waren lediglich 181.174 Dienstposten besetzt. Besonders besorgniserregend ist die hohe Abbrecherquote: Jeder vierte Rekrut verlässt die Bundeswehr innerhalb der ersten sechs Monate. Zudem sind Frauen mit einem Anteil von knapp 14 Prozent weiterhin unterrepräsentiert. Der Haushalt im Einzelplan14 mit rd. 52 Mrd. Euro ist für personelle Maßnahmen unzureichend. Zudem sind rund 20 Prozent der derzeit verfügbaren Dienstposten unbesetzt. Zudem haben Wiedereinsteller oder Seiteneinsteiger keine Perspektive, da Planstellen und Haushaltskarten häufig fehlen.

2. Materielle Ausstattung:
Trotz erheblicher Investitionen bestehen weiterhin z.T. erhebliche Defizite in der materiellen Ausstattung. Es mangelt an Munition, Ersatzteilen und funktionsfähigem Großgerät. Positiv hervorgehoben wird jedoch die persönliche Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten, die als gut bewertet wird. Die Wehrbeauftragte bemängelt besonders den zu langen und bürokratischen Beschaffungsprozess, mit Ausnahme der Maßnahmen aus dem „Sondervermögen“ von 100 Mrd. Euro. Hier wurde gezielt auf vorhandene und verfügbare Technologie und Waffensysteme gesetzt, was die Beschaffung deutlich verkürzt hat. Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit sich die aktuelle politische Lage in den USA auf solche Waffensysteme und deren Lieferungen an die Bundeswehr auswirkt. Hier im besonderen die nukleare Teilhabe durch den Nachfolger des Tornado ,der F-35A.

3. Infrastruktur:
Viele der noch verbliebenen Kasernen und Liegenschaften befinden sich in einem desolaten Zustand. Sanierungsbedürftige Unterkünfte sowie unzureichende Sportanlagen und Schießstätten beeinträchtigen sowohl die Motivation, als auch die Ausbildung der Truppe. Die durchschnittliche Dauer von Bauprojekten in der Bundeswehr liegt bei über zehn Jahren, was eine dringende Modernisierung erheblich verzögert.

4. Strategische Ausrichtung und internationale Zusammenarbeit:
Die veränderte sicherheitspolitische Lage, insbesondere durch den russischen Angriff auf die Ukraine, hat die Bundeswehr dazu veranlasst, den Fokus wieder verstärkt auf die Landes- und Bündnisverteidigung zu legen. Die NATO bleibt dabei das Fundament der Sicherheit Deutschlands. Ein Beispiel für die verstärkte internationale Zusammenarbeit ist die geplante Aufstellung einer Brigade in Litauen mit 5.000 Soldatinnen und Soldaten zur Sicherung der Ostflanke der NATO, die bis 2027 vollständig einsatzbereit sein soll.

5. Zukunftstechnologien und Digitalisierung:
Die Wehrbeauftragte betont die Notwendigkeit, in Zukunftstechnologien wie Drohnen, Satelliten, Künstliche Intelligenz, erweiterte Flugabwehr und Digitalisierung zu investieren, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu gewährleisten.

6. Wehrpflicht und Reservisten:
Angesichts des Personalmangels wird die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht intensiviert. Verteidigungsminister Boris Pistorius schlägt ein freiwilliges Wehrdienstmodell ähnlich dem in Schweden bereits praktiziertem Modell vor, bei dem volljährige Männer ihre Dienstbereitschaft angeben sollen. Zudem wird die Rolle der Reservisten als wesentlich für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands hervorgehoben, mit dem Ziel, die Anzahl der Reservistinnen und Reservisten deutlich zu erhöhen. Einer Wiedereinsetzung der gemäß Artikel 12a Grundgesetz und dem Wehrpflichtgesetz beruhende Wehrpflicht für deutsche Männer als potenzielle Verpflichtung erteilt die Wehrbeauftragte eine klare Absage, da somit auch keine Frauen einberufen werden können (Stichwort: Wehrgerechtigkeit).

Allgemeines verpflichtendes Gesellschaftsjahr als Chance
Perspektivisch hält die Wehrbeauftragte ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für Frauen und Männer für sinnvoll. Dies könnte bei der Bundeswehr erfolgen, im sozialen Bereich, im Klimaschutz, in der Denkmalpflege, im Bevölkerungsschutz, bei der Katastrophenhilfe, bei Blaulicht-Organisationen oder in anderen Bereichen. Neben der Pflicht, sich ein Jahr lang zu engagieren, gebe es die freie Wahlmöglichkeit, wo dieses Engagement einzubringen wäre. Ein solches Modell würde jedem und jeder Einzelnen guttun, es würde Horizonte erweitern, Perspektiven öffnen und Verantwortung stärken. Es würde der Gesellschaft nützen, den Zusammenhalt stärken und das Miteinander fördern. Und in Bezug auf die Bundeswehr würde es Interesse für die Truppe wecken, die Wahrnehmung und Wertschätzung für ihren wichtigen Auftrag fördern und deutlich machen, dass es eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft ist, unseren Frieden und unsere Freiheit zu verteidigen.

Bundeswehrsoldat oder -soldatin ohne deutschen Pass
Gefragt, ob auch in Deutschland lebende Ausländer ohne deutschen Pass herangezogen werden sollte, verneinte Frau Dr. Högl eindeutig. Hier müssen Überlegungen angestellt werden, inwieweit junge Menschen, die in zweiter, dritter oder vierter Generation hier leben, nicht der deutsche Pass schmackhaft gemacht oder als Anreiz für einen Dienst in der Bundeswehr im Nachgang erteilt werden kann.

Für eine ausführlichere Darstellung der Ergebnisse können Sie den vollständigen Jahresbericht 2024 der Wehrbeauftragten hier einsehen:
https://www.bundestag.de/parlament/wehrbeauftragter/jahresberichte

 

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