Papst-Zeitung kritisiert westliches Versagen in Afghanistan Vatikanstadt

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Angesichts der Krise in Afghanistan hat die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ den westlichen Staaten Kurzsichtigkeit vorgeworfen. Gleichzeitig forderte das Blatt des Papstes in einem Leitartikel am Donnerstag schnelle Hilfe für Flüchtlinge und gefährdete Personen. Es sei erstaunlich, dass man sich vor der Entscheidung, das Land zu verlassen, ein ähnliches, vorhersehbares Szenario nicht ausgemalt und nichts getan hat, um es zu vermeiden, schrieb Gaetano Vallini von der Chefredaktion der italienischen Tagesausgabe. Noch schlimmer wäre es, wenn der Truppenabzug in Kenntnis der dramatischen Folgen getroffen worden wäre. Daher müsse die internationale Gemeinschaft jetzt umgehend Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Situation afghanischer Flüchtlinge nicht zu einer neuen katastrophalen humanitären Notlage wird.

Diejenigen Mächte, die im Land in den vergangenen Jahrzehnten besonders stark engagiert waren, sollten nun in kürzester Zeit konkrete Unterstützungs- und Aufnahmeaktionen planen. In den Fällen, wo dies in Nachbarregionen Afghanistans geschehen soll, muss laut dem Kommentar auf jeden Fall verhindert werden, dass Situationen wie in Libyen entstehen. Keinesfalls dürften neue Flüchtlingslager zu Ghettos und Freizonen für Banden und lokale Warlords werden. Stattdessen sollten humanitäre Korridore eingerichtet und eine direkte Aufnahme auf eigenem Territorium arrangiert werden.

Rückführungen nach Afghanistan sind laut „Osservatore“ derzeit auszusetzen. Für die am meisten gefährdeten Personen, die noch im Land sind, gelte es, auch in Verhandlungen mit den Taliban irgendeine Form der Ausreise zu organisieren. Dass in Europa die Positionen zu einer Aufnahme erneut alles andere als einig sind, erschwere die dringend nötige Aufgabe, so Vallini.

 

Vatikan-Leitfaden zu Klimavertriebenen

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Der pastorale Leitfaden des Vatikan für den Umgang mit Klimavertriebenen ist in deutscher Sprache erschienen. Das Dokument spiegelt die weltweiten Erfahrungen katholischer Organisationen im Themenfeld Klimakrise und Vertreibung wider, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Bonn mitteilte. Zugleich gebe die Publikation Pastorale Orientierungen zu Klimavertriebenen Anregungen für das Handeln von Kirche, Politik und Zivilgesellschaft zur Unterstützung von Klimavertriebenen.

Der kommissarische Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz, Weihbischof Dominicus Meier, würdigte das im März veröffentlichte Dokument des Vatikan.

Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung unserer Zeit. Er zerstört schon jetzt in vielen Ländern die Überlebensgrundlage von Millionen von Menschen. Die Folge ist, dass Menschen sich zum Verlassen ihrer Heimatregionen gezwungen sehen, betonte der Paderborner Weihbischof. Ärmere Regionen seien oft unverschuldet stärker von Klimakrisen betroffen. Erschwerend kommt hinzu, dass auf Klimakrisen häufig bewaffnete Konflikte folgen, die Menschen über Landesgrenzen hinaus zur Flucht zwingen, so Meier.

Das vatikanische Dokument verweist demnach darauf, dass 24,9 Millionen Menschen im Jahr 2019 in Folge von Naturkatastrophen wie extremer Hitze, Dürre, Bränden, Stürmen und Überflutung ihre Heimat verlassen mussten.

Das Papier identifiziert zehn zentrale Herausforderungen für die Unterstützung von Klimavertriebenen. Darüber hinaus formuliert es zu jeder Herausforderung Empfehlungen für kirchliches Handeln, beispielsweise im Bereich des politischen und karitativen Engagements, der Seelsorge, der Öffentlichkeitsarbeit oder der Fortbildung in ganzheitlicher Ökologie.

Kostenloser Download des Leitfadens unter:

https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/verlautbarungen-apostolischen-stuhls/pastorale-orientierungen-klimavertriebenen

 

Im Gedenken an das Massaker von Srebrenica Juli 1995

Filmtipp:
Quo vadis, Aida?

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Quo vadis,Aida? ist der Kinotipp der katholischen Filmkritik für den Monat August. Ein Genozid in Europa in den 1990er-Jahren - dass so etwas möglich war, macht nach wie vor fassungslos. Im Zuge des Bosnienkriegs trennten zwischen dem 11. und 19. Juli 1995 Truppen der bosnisch-serbischen Armee und Paramilitärs, die die als Schutzzone deklarierte bosnische Stadt Srebrenica belagert und eingenommen hatten, männliche Bosniaken von ihren Familien und exekutierten in einer Reihe von Massakern mehr als 8000 Menschen. UN-Truppen waren zwar vor Ort, waren mit der eskalierenden Situation aber überfordert und griffen nicht in das Geschehen ein. Die bosnische Filmemacherin Jasmila Zbanic widmet sich in ihrem Film diesem dunklen Kapitel aus Sicht einer bosnischen Dolmetscherin, die für die bei Srebrenica stationierten niederländischen Blauhelm-Truppen arbeitet und verzweifelt versucht, ihren Ehemann und ihre beiden Söhne zu retten. Das eindringliche Drama überzeugt als wichtiges Fanal gegen das Vergessen. Der Schwerpunkt liegt auf der allgemeinen Ohnmacht und Ausweglosigkeit der Menschen. Aida ist dabei das emotionale Zentrum. Mit ihr taucht der Blick der Kamera in die Menschenmassen ein und hetzt von Ort zu Ort, um doch noch Rettung möglich werden zu lassen. Letztlich wird einmal mehr das Versagen der Weltgemeinschaft deutlich und die Eigengesetzlichkeit des Krieges.

 

Wehrbeauftragte Högl für islamische Militärseelsorge

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Von der Einführung der jüdischen Seelsorge in der Bundeswehr erhofft sich die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), einen Schub für islamische Militärseelsorge. In den deutschen Streitkräften leisteten rund 3.000 Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens ihren Dienst, erklärte Högl in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift „Kompass“ des katholischen Militärbischofs (Ausgabe Juli/August). „Auch sie verdienen eine religionsbezogene Seelsorge“, betonte die SPD-Politikerin. „Sie wäre ein Zeichen von Wertschätzung und Anerkennung für ihren wertvollen Dienst.“ Die Bundeswehr sollte die künftig am Islamkolleg in Osnabrück ausgebildeten Imame willkommen heißen.

 

Forscher sehen negative Trendwende bei atomarer Bedrohung

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Die atomare Bedrohung weltweit ist nach Untersuchungen des Friedensforschungsinstituts Sipri wieder größer geworden. Die Gesamtzahl der atomaren Sprengköpfe geht insgesamt weiter zurück, heißt es im in Stockholm veröffentlichten Jahresbericht des Instituts. Aktuell seien jedoch mehr Atomwaffen einsatzbereit als noch vor einem Jahr. Die Abrüstung einsetzbarer Sprengköpfe scheine ins Stocken geraten zu sein, so der Report. Weltweit gab es dem Sipri-Bericht zufolge Anfang dieses Jahres rund 13.080 Atomwaffen. Das seien 320 weniger als im Vorjahr. Die USA und Russland verfügen nach Einschätzung der Friedensforscher weiter über mehr als 90 Prozent dieser Waffen. Der Rest sei im Besitz von China, Frankreich, Großbritannien, Pakistan, Indien, Israel und Nordkorea.

Zum Sipri-Report:

https://sipri.org/media/press-release/2021/global-nuclear-arsenals-grow-states-continue-modernize-new-sipri-yearbook-out-now

 

EU-Bericht bemängelt Arbeit von Frontex

Von Burkhard Jürgens (KNA) Brüssel

EU-FlaggeDie EU-Grenzschutzagentur Frontex unterstützt die EU-Mitgliedstaaten und assoziierten Schengen-Länder nicht wirksam genug gegen illegale Einwanderung und grenzüberschreitende Kriminalität. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofs in Luxemburg hervor. Die Prüfer stellten fest, Frontex habe weder das 2016 erteilte Mandat vollständig umgesetzt noch hierfür nötige Anpassungen vorgenommen. Ohne dass die Agentur die tatsächlichen Kosten gemeinsamer Einsätze benenne oder die Wirksamkeit ihrer Arbeit analysiere, werde das Personal auf bis zu 10.000 Einsatzkräfte verdreizehnfacht und die jährlichen Haushaltsmittel auf durchschnittlich 900 Millionen Euro verdoppelt. Wie die Prüfer beanstandeten, werden Informationen nur lückenhaft und uneinheitlich ausgetauscht. Entscheidungsträger würden durch Frontex nicht ausreichend informiert. Umgekehrt seien die von den Mitgliedstaaten zu liefernden Daten, die von Frontex für die Analyse von Risiken und Schwachstellen benötigt würden, nicht immer vollständig und von guter Qualität. Nicht zuletzt gebe es im Rahmen der laufenden Tätigkeiten von Frontex noch nicht genug gemeinsame Einsätze, die der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität dienten. Frontex wurde im Jahr 2004 gegründet, um gemeinsam mit den nationalen Behörden gegen Probleme an den EU-Außengrenzen wie Terrorismus, Menschenhandel und Schleuserkriminalität vorzugehen. Seitdem wurde das Mandat der Agentur nach und nach erweitert und ihr Haushalt kontinuierlich aufgestockt - von 19 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 460 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Trotz dieser Maßnahmen erfüllt Frontex nach Auffassung der EU-Prüfer nach wie vor seine Aufgaben nur unzureichend. Der operative Schwerpunkt lag bei Frontex von Beginn an hauptsächlich auf der Unterstützung der Mitgliedstaaten im Kampf gegen illegale Einwanderung. Laut dem Bericht werden fast 80 Prozent der Mittel, die Frontex für gemeinsame Aktionen zur Verfügung stehen, für Einsätze auf See aufgewendet. Als einen Einzelaspekt kritisierte das EU-Gutachten, Frontex habe der Rolle des Kulturmittlers keine ausreichende Bedeutung beigemessen. Bei Einsätzen auf See habe der Kulturmittler mit den Migranten Kontakt aufzunehmen, die eine lange und beschwerliche Reise hinter sich hätten und häufig durch Menschenhandel, geschlechtsspezifische Gewalt oder Folter psychisch traumatisiert seien. Diese Tätigkeit sei sowohl für den Aufnahmeprozess von Bedeutung als auch für die Gewinnung von Erkenntnissen über Schleuser, Routen und Abläufe der illegalen Einwanderung. Ohne dass vor der neuen Frontex-Verordnung 2019 eine entsprechende Bewertung vorgenommen worden sei, werde sie bis 2027 mit bis zu 10.000 Einsatzkräften ausgestattet; 2019 hatte Frontex 750 Mitarbeiter. Allerdings sei noch nicht absehbar, ob dieses Personal auch wie beabsichtigt eingesetzt werden könne. Der Haushalt von Frontex solle sich auf rund 900 Millionen Euro pro Jahr verdoppeln - wobei die Summe ohne eine Bedarfsermittlung festgelegt worden sei. Nachdem die Agentur noch nicht einmal ihr Mandat von 2016 habe vollständig ausfüllen können, sei sie nicht dafür bereit, ihr neues Mandat von 2019 wirkungsvoll umzusetzen, erklärten die Prüfer.

 

Papst und Laien rufen zu Gebet für Heiliges Land und Myanmar Rom

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PeaceZu einem besonderen Friedensgebet für das Heilige Land und für Myanmar haben am Dienstag Papst Franziskus sowie zahlreiche katholische Laienorganisationen aufgerufen. Die Organisatoren der Aktion „Eine Minute für den Frieden“ teilten mit, jeder - Katholiken, Christen und andere Gläubige - sei zu einem einminütigen Friedensgebet eingeladen. Papst Franziskus machte via Twitter auf die Aktion aufmerksam. Hinter der 2014 ins Leben gerufenen Initiative „Eine Minute für den Frieden“ stehen das Internationale Forum der Katholischen Aktion (FIAC), die Katholische Aktion Italiens, die Katholische Aktion Argentiniens, die Weltunion der katholischen Frauenorganisationen sowie weitere Verbände.

 

Zsolt Balla als erster Militärbundesrabbiner ins Amt eingeführt

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 Bildnachweis: Bundeswehr/Tom Twardy

Als erster Militärbundesrabbiner ist Zsolt Balla (42) in Leipzig ins Amt eingeführt worden. Bei der Feierstunde sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU): „Das Judentum gehört zur Bundeswehr.“ Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sprach die Ministerin von einem großen Tag, der viel wiege. Erstmals nach rund 100 Jahren und 76 Jahre nach der Schoah gibt es nun wieder Militärrabbiner in den deutschen Streitkräften. Balla bleibt weiterhin auch Landesrabbiner von Sachsen und orthodoxer Gemeinderabbiner in Leipzig. Kramp-Karrenbauer betonte, es gehe nicht nur darum, jüdisches Leben in der Bundeswehr sichtbar zu machen, sondern die jüdische Militärseelsorge richte sich an die gesamte Truppe und schaffe authentische Begegnungen. „Die künftigen Militärrabbiner werden eine wichtige Stütze sein.“ Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte: „Die Bundeswehr hat nichts mit der früheren Wehrmacht gemeinsam, und nur deshalb ist es heute möglich, dass wir einen Militärbundesrabbiner einführen können.“ Die Amtseinführung gebe allen Grund zur Freude und Dankbarkeit und Balla schreibe damit Geschichte. Schuster überreichte ihm in der Synagoge die Ernennungsurkunde sowie einen Tora-Mantel für die Reise-Tora des künftigen Militärrabbinats, das derzeit in Berlin eingerichtet wird. Ein wichtiger Nebeneffekt der jüdischen Militärseelsorge sei es, dass Fremdheit gegenüber dem Judentum abgebaut werde. „So dass - da bin ich mir sicher - Vorurteile gar nicht erst entstehen oder am besten gleich in sich zusammenfallen“, so Schuster. Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck ergänzte, dass die christliche Militärseelsorge an der Seite der jüdischen stehe, auch im gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus. Er hob hervor, dass die Kirchen die Einführung der Militärrabbiner ausdrücklich unterstützt und mitbefördert hätten. Als Militärbundesrabbiner steht Balla dem entstehenden Militärrabbinat vor und koordiniert die Arbeit von bis zu zehn jüdischen Geistlichen in der Bundeswehr. Frühere Schätzungen gingen von rund 300 Soldaten jüdischen Glaubens in der Bundeswehr aus. Die Religionszugehörigkeit der Soldaten wird nur auf freiwilliger Basis erfasst. Ende 2019 hatten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der Zentralrat der Juden in Deutschland einen Staatsvertrag über die jüdische Militärseelsorge unterzeichnet. Deren Struktur ähnelt der von den beiden großen Kirchen verantworteten christlichen Militärseelsorge.

 

Leipziger Rabbiner Balla wird erster Militärbundesrabbiner

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Der orthodoxe Landesrabbiner von Sachsen, Zsolt Balla, wird der erste Militärbundesrabbiner.
Seine Amtseinführung ist für den 21. Juni in Leipzig geplant, wo der 42-Jährige als Gemeinderabbiner tätig ist. Das teilte der Zentralrat der Juden in Deutschland, bei dem das Vorschlagsrecht für die Besetzung des Postens liegt, am Donnerstag in Berlin mit.
Erstmals nach rund 100 Jahren und 76 Jahre nach der Schoah wird es damit wieder Militärrabbiner in der deutschen Armee geben.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: „Mit der Berufung von Militärrabbinern knüpfen wir an eine alte Tradition an und schlagen zugleich ein neues Kapitel auf. Das Wirken der Rabbiner wird für die Bundeswehrsoldaten eine Bereicherung sein. Die Amtseinführung des Militärbundesrabbiners ist ein historischer Tag für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland.“

Der Militärbundesrabbiner soll ein noch einzurichtendes Militärrabbinat in Berlin leiten und die Arbeit von bis zu zehn jüdischen Geistlichen in der Bundeswehr koordinieren.
Bereits ausgeschrieben waren bislang zwei erste Stellen für Militärrabbiner. Frühere Schätzungen gingen von rund 300 Soldaten jüdischen Glaubens in der Bundeswehr aus. Die Religionszugehörigkeit der Soldaten wird nur auf freiwilliger Basis erfasst, daher gibt es keine genauen Zahlen.

Die Einrichtung der jüdischen Militärseelsorge war ursprünglich schon im vergangenen Jahr geplant gewesen. Durch veränderte Aufgabenschwerpunkte in der Corona-Pandemie sei es zu Verzögerungen gekommen, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Nach derzeitigem Stand soll das Militärrabbinat demnach zum Ende des 3. Quartals, also im September, an den Start gehen.

Ende 2019 hatten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der Zentralrat der Juden in Deutschland einen Staatsvertrag über die jüdische Militärseelsorge unterzeichnet. Deren Struktur ähnelt der von den beiden großen Kirchen verantworteten christlichen Militärseelsorge. Der künftige Militärbundesrabbiner Balla bleibt weiterhin Leipziger Gemeinderabbiner und Landesrabbiner von Sachsen. Zudem arbeitet er ehrenamtlich im Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland.

Link: https://www.zentralratderjuden.de/der-zentralrat/institutionen/militaerrabbinat/

Wehrbeauftragte Högl für islamische Militärseelsorge Berlin

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Von der Einführung der jüdischen Seelsorge in der Bundeswehr erhofft sich die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), einen Schub für islamische Militärseelsorge. In den deutschen Streitkräften leisteten rund 3.000 Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens ihren Dienst, erklärte Högl in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift „Kompass“ des katholischen Militärbischofs (Ausgabe Juli/August). „Auch sie verdienen eine religionsbezogene Seelsorge“, betonte die SPD-Politikerin. „Sie wäre ein Zeichen von Wertschätzung und Anerkennung für ihren wertvollen Dienst.“ Die Bundeswehr sollte die künftig am Islamkolleg in Osnabrück ausgebildeten Imame willkommen heißen. Högl würdigte die Berufung des sächsischen Landesrabbiners Zsolt Balla am 21. Juni zum ersten Militärrabbiner der Bundeswehr als historisches Ereignis. Dies sende die unmissverständliche Botschaft, dass die Bundeswehr für Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit stehe. Zugleich räumte sie ein, dass es immer noch und immer wieder antisemitische Vorfälle in der Truppe gebe. „Das ist völlig inakzeptabel“, betonte die Wehrbeauftragte. Die bis zu zehn geplanten Militärrabbiner könnten wichtige Akzente der Prävention setzen, über Judentum und Antisemitismus aufklären und damit Vorurteilen und Extremismus entgegenwirken, so Högl. Die jüdische Militärseelsorge sei nicht nur ein Angebot für die rund 300 jüdischen Soldatinnen und Soldaten, sondern in jeder Hinsicht eine echte Bereicherung für die gesamte Bundeswehr.

Studie: Weltbevölkerung könnte wegen Corona stärker wachsen Hannover/Wiesbaden (KNA) Infolge der Corona-Pandemie könnte die Zahl der aktuell 7,9 Milliarden Erdenbürger künftig noch stärker wachsen als bisher. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) aus Anlass des Weltbevölkerungstags (Sonntag) hervor. Vor allem in ärmeren Ländern ist demnach die Zahl der Mädchen gestiegen, die ihre Schulausbildung vorzeitig beenden mussten. Da sich der Bildungsgrad von Frauen auf ihre durchschnittliche Kinderzahl auswirke, könne das die dortigen Geburtenzahlen beeinflussen, so die Studienautoren. Die Pandemie bedrohe damit die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Geschlechtergerechtigkeit. Die Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen führen zu einer starken Zunahme von Teenagerschwangerschaften und Frühverheiratungen - das sehen wir etwa in unseren ostafrikanischen Partnerländern, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW), Jan Kreutzberg. Tausende Mädchen geraten so in eine Armutsspirale und verlieren die Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft. Kreutzberg rief die Regierungen weltweit dazu auf, sich stärker für die Themen Geschlechtergerechtigkeit, körperliche Selbstbestimmung sowie für die Verbesserung der Bildungschancen für junge Menschen, inklusive des Zugangs zu Sexualaufklärung, einzusetzen. Auch Deutschland könne dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Wie stark die Weltbevölkerung in Zukunft wächst, hängt laut der Studie besonders von der Entwicklung der Geburtenzahlen ab. Weltweit betrachtet seien die Werte in den meisten Ländern in den vergangenen 100 Jahren stark gesunken. Seien etwa in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts durchschnittlich mehr als vier Kinder pro Frau geboren worden, so liege die Zahl momentan bei etwa 1,6 Kindern. In einigen Ländern sei das Niveau noch niedriger, was langfristig zu neuen Herausforderungen führe. Dagegen lägen in manchen Ländern Afrikas und Südasiens die Geburtenzahlen bei über vier Kindern pro Frau - wobei die Entwicklung auch dort rückläufig sei.

Vatikan-Leitfaden zu Klimavertriebenen auf Deutsch Bonn (KNA) Der pastorale Leitfaden des Vatikan für den Umgang mit Klimavertriebenen ist in deutscher Sprache erschienen. Das Dokument spiegelt die weltweiten Erfahrungen katholischer Organisationen im Themenfeld Klimakrise und Vertreibung wider, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Bonn mitteilte. Zugleich gebe die Publikation Pastorale Orientierungen zu Klimavertriebenen Anregungen für das Handeln von Kirche, Politik und Zivilgesellschaft zur Unterstützung von Klimavertriebenen. Der kommissarische Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz, Weihbischof Dominicus Meier, würdigte das im März veröffentlichte Dokument des Vatikan. Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung unserer Zeit. Er zerstört schon jetzt in vielen Ländern die Überlebensgrundlage von Millionen von Menschen. Die Folge ist, dass Menschen sich zum Verlassen ihrer Heimatregionen gezwungen sehen, betonte der Paderborner Weihbischof. Ärmere Regionen seien oft unverschuldet stärker von Klimakrisen betrogen. Erschwerend kommt hinzu, dass auf Klimakrisen häufig bewaffnete Konflikte folgen, die Menschen über Landesgrenzen hinaus zur Flucht zwingen, so Meier. Das vatikanische Dokument verweist demnach darauf, dass 24,9 Millionen Menschen im Jahr 2019 in Folge von Naturkatastrophen wie extremer Hitze, Dürre, Bränden, Stürmen und Überflutung ihre Heimat verlassen mussten. Umweltbischof Rolf Lohmann erklärte: Das Schicksal der vielen Klimaflüchtlinge zeigt uns konkret, dass der gefährliche Klimawandel zu großem menschlichen Leid führt. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Der Münsteraner Weihbischof forderte jede und jeden dazu auf, nach den eigenen Möglichkeiten daran mitzuwirken, den Klimawandel zu stoppen und damit Leid zu vermeiden. Auch Papst Franziskus ruft demnach im Vorwort dazu auf, einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und somit auch zur Verminderung von Fluchtursachen zu leisten; zugleich fordert er auch ein stärkeres politisches Engagement. Das Papier identifiziert zehn zentrale Herausforderungen für die Unterstützung von Klimavertriebenen. Darüber hinaus formuliert es zu jeder Herausforderung Empfehlungen für kirchliches Handeln, beispielsweise im Bereich des politischen und karitativen Engagements, der Seelsorge, der Öffentlichkeitsarbeit oder der Fortbildung in ganzheitlicher Ökologie.

Service Die Publikation Pastorale Orientierungen zu Klimavertriebenen (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 231) ist als pdf-Datei unter www.dbk.de in der Rubrik Publikationen kostenlos verfügbar https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/verlautbarungen-apostolischen-stuhls/pastorale-orientierungen-klimavertriebenen

UN-Ernährungsbericht: Hunger wieder auf dem Vormarsch Rom (KNA) Der Hunger in der Welt hat sich im vergangenen Jahr dramatisch ausgebreitet, vermutlich auch aufgrund der Corona-Pandemie. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten UN-Welternährungsbericht hervor. Demnach waren bis zu 811 Millionen Menschen oder ein Zehntel der Weltbevölkerung unterernährt. Das Ziel, bis 2030 den Hunger global zu besiegen, werde eine enorme Anstrengung kosten. Die Pandemie decke Schwächen der Ernährungssysteme auf, die das Leben und die Lebensgrundlagen von Menschen rund um den Globus bedrohten, heißt es in dem Bericht, den fünf UN-Organisationen gemeinsam herausgaben: die Welternährungsorganisation FAO, der Hilfsfonds IFAD, das Kinderhilfswerk Unicef, das Welternährungsprogramm WFP und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Welt befinde sich in einer kritischen Phase nicht nur bei der Überwindung der größeren Herausforderungen, sondern auch einen grundlegenden Umbau des globalen Ernährungssystems, schreiben die Herausgeber mit Blick auf den Welternährungsgipfel, der im September in New York geplant ist. Beunruhigt äußerten sich die beteiligten Organisationen über den sprunghaften Anstieg der absoluten, aber auch der proportionalen Zahlen: Nach den Schätzungen hungerten im vergangenen Jahr 9,9 Prozent der Weltbevölkerung - gegenüber 8,4 Prozent 2019. Am stärksten nahm der Hunger in Afrika zu. Dort lag die Rate der Unterernährung bei 21 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie in jeder anderen Weltregion. Weltweit hatten laut dem Bericht 2,3 Milliarden Menschen, 30 Prozent der Bevölkerung, nicht das ganze Jahr hindurch Zugang zu © KNA https://www.kna.de KNA aktuell, 12. Juli 2021 VATIKAN / AUSLAND / EU 25 / 63 angemessener Ernährung. Dieser Wert stieg 2020 so stark an wie in den fünf vorhergehenden Jahren zusammen. Frauen waren von Unterernährung häufiger betrogen als Männer. Mangelernährung bestand in allen Formen fort. Mehr als 149 Millionen Kleinkinder unter fünf Jahren zeigten Wachstumsstörungen und waren zu klein für ihr Alter; über 45 Millionen Kinder waren zu dünn, fast 39 Millionen übergewichtig. Drei Milliarden Erwachsene und Kinder konnten sich den Angaben zufolge aus finanziellen Gründen keine gesunde Ernährung leisten. Schon vor der Pandemie breitete sich laut den Herausgebern Hunger aus und kamen Maßnahmen gegen Fehlernährung zu langsam voran. Dies sei vor allem der Fall in Ländern, die von Konflikten, Wetterextremen, wirtschaftlichen Krisen und hoher Ungleichheit betrogen seien. Bei den gegenwärtigen Trends werde das Ziel einer Welt ohne Hunger bis 2030 um 660 Millionen Menschen verfehlt. Rund 30 Millionen davon dürften noch als Folge der Corona-Pandemie hungern.

Katholische Kirche macht sich für nachhaltige Geldanlagen stark Bonn (KNA) Die deutschen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken machen sich für ethnisch nachhaltiges Investment im kirchlichen Bereich stark. Kirchliche Vermögensverwaltung ist ein sehr sensibler Bereich, der in der Öffentlichkeit kritisch wahrgenommen und beurteilt wird, heißt es in einer Broschüre, die am Dienstag in Bonn veröffentlicht wurde. Zu Recht werde von den kirchlichen Vermögensträgern ein erhöhtes Maß an Glaubwürdigkeit und Transparenz hinsichtlich ihrer Geldanlage eingefordert. Dies gelte nicht nur in Bezug auf die Höhe des Vermögens und dessen Bewertung. Es wird auch gefragt, in welcher Form die Kirche investiert, welche sozialen und ökologischen Maßnahmen sie fördert und welche Wirkungen sie mit ihrer Vermögensanlage auf dem Kapitalmarkt erzielen will. Ethisch-nachhaltiges Investment ertöne den kirchlichen Einrichtungen die Chance, gegenüber den Gläubigen und der Öffentlichkeit transparent zu machen, dass und wie sie auch mit ihren Geldanlagen zur Weltgestaltung gemäß des christlichen Glaubens beitragen wollen. Als Ausschlusskriterien für Geldanlagen nennt die Broschüre unter anderem Investitionen in Unternehmen, die geächtete Waren herstellen oder Programme zur gentechnischen Veränderung menschlichen Erbguts entwickeln. Ethisch-nachhaltiges Investieren verstehen die Autoren der Broschüre als eine Form der Geldanlage, bei deren Auswahl neben finanziellen Gesichtspunkten zugleich ethische, soziale und ökologische Folgewirkungen mit in die Bewertung einfließen. Die jetzt veröffentlichte zweite Aussage der Orientierungshilfe zu dem Thema richtet sich an Finanzverantwortliche katholischer Einrichtungen in Deutschland. Sie greift dazu auch die Impulse des Pariser Klimaabkommens von 2015 und der Globalen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen auf. Diese bildeten einen maßgeblichen Rahmen für ethisch-nachhaltiges Investment auch im kirchlichen Bereich, heißt es. Unlängst erst hatte sich auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in einem eigenen Text für ein gerechteres und nachhaltigeres Finanzsystem ausgesprochen und Fehlentwicklungen im Wirtschaftsleben angeprangert. Ob Cum Ex oder Wirecard-Skandal - nicht nur die Finanzskandale der jüngeren Zeit zeigen, dass es Defizite bei der Verantwortung in der Finanzwirtschaft und ihrer Kontrolle durch Politik und Rechtsstaat gibt, so der EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm.
Link: https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/sonstige-publikationen/sonstige/orientierungshilfe-ethisch-nachhaltig-investieren-2-aktualisierte-auflage

UN-Ernährungsbericht: Hunger wieder auf dem Vormarsch Rom (KNA) Der Hunger in der Welt hat sich im vergangenen Jahr dramatisch ausgebreitet, vermutlich auch aufgrund der Corona-Pandemie. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten UN-Welternährungsbericht hervor. Demnach waren bis zu 811 Millionen Menschen oder ein Zehntel der Weltbevölkerung unterernährt. Das Ziel, bis 2030 den Hunger global zu besiegen, werde eine enorme Anstrengung kosten. Die Pandemie decke Schwächen der Ernährungssysteme auf, die das Leben und die Lebensgrundlagen von Menschen rund um den Globus bedrohten, heißt es in dem Bericht, den fünf UN-Organisationen gemeinsam herausgaben: die Welternährungsorganisation FAO, der Hilfsfonds IFAD, das Kinderhilfswerk Unicef, das Welternährungsprogramm WFP und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Welt befinde sich in einer kritischen Phase nicht nur bei der Überwindung der größeren Herausforderungen. Zudem brauche es einen grundlegenden Umbau des globalen Ernährungssystems, schreiben die Herausgeber mit Blick auf den Welternährungsgipfel, der im September in New York geplant ist. Beunruhigt äußerten sich die beteiligten Organisationen über den sprunghaften Anstieg der absoluten, aber auch der proportionalen Zahlen: Nach den Schätzungen hungerten im vergangenen Jahr 9,9 Prozent der Weltbevölkerung - gegenüber 8,4 Prozent 2019. Am stärksten nahm der Hunger in Afrika zu. Dort lag die Rate der Unterernährung bei 21 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie in jeder anderen Weltregion. Weltweit hatten laut dem Bericht 2,3 Milliarden Menschen - 30 Prozent der Bevölkerung - nicht das ganze Jahr hindurch Zugang zu angemessener Ernährung. Dieser Wert stieg 2020 so stark an wie in den fünf vorhergehenden Jahren zusammen. Frauen waren von Unterernährung häufiger betrogen als Männer. Mangelernährung bestand in allen Formen fort. Mehr als 149 Millionen Kleinkinder unter fünf Jahren zeigten Wachstumsstörungen und waren zu klein für ihr Alter; über 45 Millionen Kinder waren zu dünn, fast 39 Millionen übergewichtig. Drei Milliarden Erwachsene und Kinder konnten sich den Angaben zufolge aus finanziellen Gründen keine gesunde Ernährung leisten.

© KNA https://www.kna.de KNA aktuell, 13. Juli 2021 VATIKAN / AUSLAND / EU 16 / 34 Schon vor der Pandemie breitete sich laut den Herausgebern Hunger aus und kamen Maßnahmen gegen Fehlernährung zu langsam voran. Dies sei vor allem der Fall in Ländern, die von Konflikten, Wetterextremen, wirtschaftlichen Krisen und hoher Ungleichheit betrogen seien. Bei den gegenwärtigen Trends werde das Ziel einer Welt ohne Hunger bis 2030 um 660 Millionen Menschen verfehlt. Rund 30 Millionen von ihnen dürften noch als Folge der Corona-Pandemie hungern. Die Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin, sagte, der dramatische Anstieg der Zahl hungernder Menschen, müsse Politik, Zivilgesellschaft und internationale Staatengemeinschaft endlich aufrütteln. Die Weltgemeinschaft sollte neben dem Ziel, alle Menschen gegen Covid-19 zu impfen, Selbstversorgung und regionale Märkte stärken, damit sich auch arme Menschen ausreichend und gesund ernähren könnten.

Helfer erinnern an Ankunft erster Care-Pakete in Deutschland Bonn (KNA) Die Hilfsorganisation Care erinnert an die Ankunft der ersten Care-Pakete in Deutschland vor 75 Jahren. Die Ankunft des Dampfers American Ranger mit rund 36.000 Paketen an Bord am 15. Juli 1946 in Bremerhaven bezeichnet Care Deutschland als einen Meilenstein im Rahmen einer der größten privaten Hilfsaktionen der Nachkriegsgeschichte. Das Care-Paket wie damals existiert heute natürlich nicht mehr eins zu eins, sagte die Abteilungsleiterin Internationale Programme, Pamela Orgeldinger, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Aber es gibt andere Initiativen, die man auch als Care-Paket bezeichnen kann. Zum Beispiel die Verteilung von Bargeld, weil das lokale Märkte wiederbelebt und den Menschen die Möglichkeit gibt, das zu kaufen, was sie brauchen. Im Rahmen der Corona-Krise haben wir Hygiene-Kits verteilt: mit Seife, Damenbinden, Desinfektionsmitteln oder Eimern zum Wassertransport. In Flüchtlingscamps sehen wir zu, dass die Menschen zum Beispiel Kochutensilien erhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich bereits in einer Videobotschaft zur Ankunft der ersten Care-Pakete in Europa am 9. Mai 1946 im französischen Le Havre geäußert. Care zeigt, dass wir vor der Not anderer Menschen die Augen nicht verschließen dürfen. Die katastrophale Lage in Syrien und Jemen zum Beispiel betrift auch uns, weil wir alle als Weltgemeinschaft Verantwortung für notleidende Menschen tragen, so die Kanzlerin. An diese Verantwortung sollte uns das Care-Paket als ein Symbol der Humanität stets erinnern, sagte Merkel weiter. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hilfsorganisation trügen Hoffnung und Menschlichkeit in die Welt.

EKD veröffentlicht Denkschrift zur Digitalisierung

© Hannover (KNA)

ProzessorUnter dem Motto „Freiheit digital. Die Zehn Gebote in Zeiten des digitalen Wandels“ hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine neue Denkschrift vorgelegt. „Weil sich die Technologien in den vergangenen zehn Jahren so rasant weiterentwickelt haben, hinken die gesellschaftlichen Normen für ihre Nutzung zwangsläufig hinterher“, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm am Donnerstag in Hannover. Umso dringlicher sei es, die ethischen Folgen der Digitalisierung stärker in den Blick zu nehmen, und sich über einen verantwortlichen Umgang mit den Technologien zu verständigen.

Der 245 Seiten umfassende Text, der sich in Aufbau und Inhalt an den biblischen Zehn Geboten orientiert, wurde von der EKD-Kammer für soziale Ordnung erarbeitet. Deren stellvertretender Vorsitzender, Traugott Jähnichen, betonte, dass die Denkschrift die Chancen der Digitalisierung darstelle. „Wir können neue Formen des Zusammenlebens und des Austausches entwickeln, Bildungssystem und Arbeitswelt neu gestalten. Es liegt also an uns, unsere Freiheit und Kreativität bewusst positiv zu nutzen“, so Jähnichen. Angesprochen werden aber auch problematische Aspekte der Digitalisierung wie „digitale Gewalt“ und Intimbeziehungen im digitalen Raum.

Bedford-Strohm verwies vor Journalisten auf das biblische Gebot der Heiligung des Feiertags. „Das ist hoch relevant für ein Medium, das uns verführt, die Pausen nicht einzuhalten“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende im Blick auf Home-Office-Regelungen und Videokonferenzen. Auch „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ sei relevant in einer Zeit, in der in den sozialen Netzwerken „jeder sein eigener Journalist“ sei. Auf Nachfrage machte der Theologe zudem deutlich, wo aus seiner Sicht eine klare Grenze liegt: „Für mich ist die Grenze für den legitimen, ethischen Umgang mit Künstlicher Intelligenz da erreicht, wo der Mensch die Verantwortung abgibt“, sagte Bedford-Strohm. Die Menschen müssten weiter darüber nachdenken, ob es richtig sei, was sie täten. Man könne nicht einfach sagen: „Aber die Maschine hat so entschieden.“

Vor kurzem hatte auch die Clearingstelle Medienkompetenz im Auftrag der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ein Papier zu „Digitalität und Künstlicher Intelligenz“ vorgelegt.

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Staat und Kirchen laden zum Gedenken an die Corona-Toten ein

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Fuerbittkerze klVon Alexander Riedel (KNA)
Zu einem Moment des Innehaltens und des Gedenkens an die Todesopfer in der Corona-Pandemie laden Staat und Kirchen für Sonntag ein. In Berlin sind ein zentraler staatlicher Gedenkakt sowie ein zentraler ökumenischer Gottesdienst geplant. Dazu wird neben einigen ausgewählten Hinterbliebenen die gesamte Staatsspitze erwartet. An zahlreichen Orten in Deutschland planen Kommunen und Kirchen weitere Gedenkakte und Gottesdienste. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte bereits im vergangenen Jahr eine staatliche Gedenkfeier für die Toten in der Pandemie angeregt. Sie soll nun vom Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt aus live im Fernsehen und im Internet übertragen werden. Der Bundespräsident wolle mit dem Gedenkakt weiter für Zusammenhalt und Mitmenschlichkeit plädieren, hieß es im Vorfeld. Es gehe um einen Moment des Innehaltens und des gemeinsamen Totengedenkens. Dabei solle ausdrücklich auch derjenigen gedacht werden, die nicht direkt am Coronavirus, aber dennoch aufgrund der Kontaktbeschränkungen einsam und allein gestorben sind. Vor dem staatlichen Gedenkakt feiern die Kirchen in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche einen ökumenischen Gottesdienst. Dazu hatten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, eingeladen. Auch Vertreter jüdischen und muslimischen Glaubens wirken mit.

Hilfswerke: Nato-Abzug aus Afghanistan katastrophal

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Fuerbittkerze klNach einer Entscheidung der USA hat die Nato angekündigt, ab Mai ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen.
Katholische Hilfswerke kritisieren den sich abzeichnenden Abzug der Nato-Soldaten aus Afghanistan. „Aus humanitärer Sicht ist dieser überhastete Abzug eine Katastrophe“, sagte Caritas international-Leiter Oliver Müller am Donnerstag. Es drohten Instabilität, eskalierende Gewalt und Entwicklungsrückschritte um Jahrzehnte. „Alles, was in Afghanistan in den vergangenen Jahren erreicht wurde, ist sehr fragil.“
Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon ergänzte: „Die westlichen Truppen verlassen nun in sehr kurzer Zeit eines der für die Zivilbevölkerung unfriedlichsten und gefährlichsten Länder der Welt, das in den 20 Jahren ihrer Präsenz keine Stabilität gefunden hat.“ Allein im Jahr 2021 habe die Zahl der Kriegstoten bereits um 30 Prozent zugenommen, die Gewalt werde auch weiterhin ein alltäglicher Begleiter der Zivilbevölkerung in Afghanistan bleiben.
Zusätzlich zeichnet sich laut Caritas wegen geringer Schneefälle im Winter eine Dürre ab. „Schon das allein wird die humanitäre Lage extrem verschlechtern“, so Müller. Zu erwarten sei, dass noch mehr Afghanen das Land verlassen wollten. „Die jungen Afghanen brauchen Bildung, Arbeit, medizinische Versorgung und ausreichend Zugang zu Lebensmitteln und sauberem Wasser, sonst droht dem Land ein Exodus.“ Auch Misereor betonte, dass humanitäre Hilfe und internationale Unterstützung auch nach dem Truppenabzug weiterhin notwendig sein werde.
afghanistan 79492Das Hilfswerk werde seine langjährigen Partnerorganisationen vor Ort nicht im Stich lassen. „Viele von ihnen waren schon vor dem Krieg unter dem Regime der Taliban tätig und nehmen bis heute wichtige soziale Aufgaben wahr, die der fragile Staat nicht leistet“, so Bröckelmann-Simon. Caritas international ist seit langem in Afghanistan engagiert und leistet in verschiedenen Landesteilen humanitäre und Entwicklungshilfe.

Umweltbischof: Papst-Enzyklika zu Ökologie für Militär wichtig

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Der Münsteraner Weihbischof Rolf Lohmann legt die Umweltenzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus auch Soldatinnen und Soldaten ans Herz. Sie seien bei ihren Auslandseinsätzen in besonderem Maß mit den Fragen konfrontiert, die der Papst in seinem vor sechs Jahren veröffentlichten Rundschreiben behandle, schreibt der Umweltbischof in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift „Kompass“ des katholischen Militärbischofs (April-Ausgabe). Es werde „immer deutlicher, dass die Auswirkungen unseres Umgangs mit der Schöpfung in Form von Klimawandel und schwerwiegenden Umweltproblemen wie der Erosion fruchtbarer Böden zu Konflikten führen und somit sicherheitspolitische Implikationen haben können“, erklärt Lohmann, der in der Deutschen Bischofskonferenz eine Arbeitsgruppe für ökologische Fragen leitet. Insofern sei „jeder Einsatz für Klima- und Umweltschutz auch ein Einsatz für Frieden und Sicherheit“.

 

Links:

https://www.katholische-militaerseelsorge.de/fileadmin/kompass/ausgabe/2021_04/Kompass_04_2021.pdf

https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-06-18-Enzyklika-Laudato-si-DE.pdf

Synodalität im Blick aus Rom

„Ich bin da, um solche Prozesse zu unterstützten“ -
Kardinal Mario Grech über Bischofssynoden und synodale Wege

von Roland Juchem (KNA) Rom
© KNA https://www.kna.de KNA aktuell, 11. März 2021

Mario Grech soll der katholischen Kirche zu mehr Synodalität verhelfen. Im Oktober 2019 wurde der maltesische Bischof Pro-Sekretär, im September 2020 Generalsekretär der römischen Bischofssynode. Um seiner Aufgabe mehr Gewicht zu verleihen, erhob Franziskus ihn Ende November in den Kardinalsstand.

Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sprach mit dem 64-Jährigen über synodale Nachhilfe und den Synodalen Weg in Deutschland.

KNA: Herr Kardinal, im Oktober 2022 will der Papst eine Synode über Synodalität abhalten. Sie und Ihr Team sollen sie vorbereiten. Wie weit sind Sie?

Kardinal Mario Grech: Die Synode wurde bereits um ein Jahr verlegt. Ursprünglich hätte sie dieses Jahr stattfinden sollen, wurde aber wegen der Amazonas-Synode verschoben. Dann kam die Pandemie. vatikan istockUm ehrlich und fair zu sein: Wir sind nicht sicher, ob sie 2022 stattfinden kann. Vor allem für eine Synode über Synodalität braucht es die Beteiligung eines größeren Personenkreises. Das finde ich unter den gegebenen Umständen ziemlich schwierig.



KNA: Würden Sie dem Papst vorschlagen, noch einmal zu verschieben?

Grech: Wenn wir ernsthaft mehr Menschen bei der Vorbereitung beteiligen wollen, verlangen die Umstände es, eine Verschiebung in Betracht zu ziehen.

KNA: Immer wieder betont Franziskus: „Eine Synode ist kein Parlament, Synodalität keine Demokratie.“ Was genau macht Synodalität aus?

Grech: Synodalität ist ein kirchliches Instrument, das uns hilft, Gottes Willen zu erkennen. Das ist eine sehr anstrengende, fordernde Erfahrung. Man muss sehr gut zuhören - nicht nur Menschen, sondern auch dem Heiligen Geist. Und der spricht nicht nur durch Bischöfe, sondern auch durch das Volk Gottes.

KNA: Den italienischen Bischöfen musste Franziskus Beine machen, damit sie einen synodalen Prozess beginnen. Die katholische Kirche in Deutschland, die von sich aus vor zwei Jahren damit begann, wird vom Papst eher beargwöhnt. Freut man sich in Rom nicht, wenn Ortskirchen selbst aktiv werden?

Grech: Das glaube ich nicht, dass Rom nicht erfreut darüber ist. Wir sind hier, um bei einem solchen Prozess zu helfen, ihn zu unterstützen. Natürlich muss jeder Fall für sich betrachtet werden. Es gibt jene, die man ermutigen muss, einen Schritt vorwärts zu machen, und es gibt jene, die man zu etwas Vorsicht mahnen muss. Nicht weil jemand unsere Freiheit einschränken wollte, sondern um zu helfen, nicht vom Weg abzukommen.

KNA: Es gibt also eine gewisse Reserviertheit gegenüber dem Synodalen Weg in Deutschland?

Grech: Nicht, dass ich wüsste. Ganz im Gegenteil: Ich traf die Leitung der Deutschen Bischofskonferenz im vergangenen Jahr - ein sehr interessantes Treffen. Aus den Nachrichten habe ich erfahren, dass Bischof Bätzing zu weiteren Treffen nach Rom kommen will. Bei der Begegnung damals lud er uns ein; und wir sagten, wir seien bereit zu kommen. Anscheinend hat er diese Einladung kürzlich erneuert. Die Beziehungen sind also gut.

KNA: Planen Sie also, zur nächsten Versammlung des Synodalen Weges im Herbst nach Deutschland zu kommen?

Grech: Noch habe ich keine formale Einladung bekommen.

KNA: Wäre die notwendig?

Grech: Nun, ich denke schon. Aber wie gesagt: Ich stehe zur Verfügung. Das ist meine Berufung und Aufgabe, meine bischöflichen Mitbrüder bei diesen Unternehmen zu unterstützen. Jede Einladung, die mich erreicht, werde ich positiv erwägen.

Patriarch Sako kämpft für die christliche Präsenz im Irak Mahner gegen den Untergang

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Vom 5. bis 8. März 2021 wird Papst Franziskus den Irak besuchen. Es ist das erste Mal, dass ein Papst den Irak besucht und von der höchsten Autorität des schiitischen Islam empfangen wird. Die Visite des Papstes steht mit Blick auf die Sicherheitslage und zuletzt stark ansteigende Corona-Infektionszahlen vor doppelten Herausforderungen. Wir haben hier einige Informationen als Hintergrund zum geplanten Besuch zusammengestellt. 

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© KNA https://www.kna.de KNA aktuell, 26. Februar 2021 VATIKAN/AUSLAND/EU25/41

Als Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche ist Patriarch Louis Raphael I. Sako die wichtigste Stimme für die Rechte der Christen im Irak. Doch die Zukunft des uralten Christentums im Zweistromland ist ungewiss.
Von Andrea Krogmann (KNA)

„Ich bin ein Vater, ein Pastor kein Prinz.“ Mit diesen Worten umschrieb der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael I. Sako vor Journalisten in Rom sein Selbstverständnis, wenige Stunden, bevor er am 29. Juni 2018 den Kardinalspurpur empfangen hatte. Und: Der heute 72-jährige Iraker ist ein unermüdlicher Mahner vor dem Untergang des Christentums in dessen Geburtsregion. Bis zu zwei Drittel der irakischen Christen sollen der chaldäisch-katholischen Kirche angehören, die Kardinal Sako seit 2013 als Patriarch leitet.
Durch die Flucht vor Krieg und islamistischem Terror oder Vertreibungen ist die Kirche seit 2003 stark geschrumpft. Nach Schätzungen leben heute noch 100.000 bis 250.000 chaldäische Gläubige im Irak und 400.000 bis zu einer Million weltweit. Zuverlässigere Zahlen zum Irak gibt es nicht, die letzte Volkszählung liegt 34 Jahre zurück.
Wie viele Schafe seine Herde exakt zählt, ist vermutlich ein geringeres Problem des Oberhirten in dem kriegs- und krisengeplagten Land. Die Abwanderung, die nach dem Sturz des Regimes von Sadam Hussein begann und sich während der Terrorjahre des „Islamischen Staats“ dramatisch steigerte, geht auch nach dem Sieg über die brutalen Fanatiker weiter. Dagegen kämpft der Geistliche gleich an zwei Fronten. Innerirakisch tritt er nachdrücklich für die Rechte der Christen und weiterer Minderheiten ein sowie für den Aufbau eines demokratischen Staatswesens. Gleichzeitig geht Sako hart mit den westlichen Mächten ins Gericht. Nicht nur, dass der Westen statt demokratischer Reformen im Nahen Osten lediglich seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolge. Die Nahostchristen hätten weder politischen Rückhalt noch eine Schutzmacht, mehr noch: Die großzügig geöffneten Türen westlicher Länder trügen zur massenhaften Abwanderung der Christen aus dem Irak bei.
Am 4. Juli 1948 im nordirakischen Zaxo geboren, besuchte Sako zunächst das von Dominikanern geleitete Seminar St. Jean in Mossul. Auf seine Priesterweihe 1979 folgten Tätigkeiten als Seelsorger an der chaldäischen Kathedrale in Mossul, dann Studien der orientalischen Patristik, Geschichte und Islamwissenschaft in Rom und Paris. Vor der Ernennung zum Erzbischof von Kirkuk wirkte Sako fünf Jahre als Rektor des Patriarchalseminars in Bagdad. Sako spricht zahlreiche Sprachen, neben Arabisch unter anderem Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Vor allem aber spricht er die Sprache der Versöhnung und des Dialogs. Für seine jahrelange interreligiöse Friedensarbeit als Erzbischof von Kirkuk wurde er 2010 mit dem Friedenspreis der internationalen katholischen Friedensbewegung Pax Christi ausgezeichnet. Seit 2014 sitzt er im Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog. Immer wieder äußert sich Sako energisch zu politischen Vorgängen in seiner Heimat. Damals noch Erzbischof von Kirkuk, lehnte er 2007 die Schaffung einer christlichen Provinz in der Ninive-Ebene entschieden ab. Zwischen Arabern und Kurden gäben die Christen einen bequemen und verwundbaren Puffer. Besser sei es, auf der Grundlage der Verfassung zu arbeiten, um den Angehörigen aller Glaubensgemeinschaften und damit auch den Christen, die überall im Irak leben, auf dem gesamten Territorium des Landes Religionsfreiheit und Gleichbehandlung zu garantieren. Das kurdische Unabhängigkeitsreferendum von September 2017 sah Sako mit Besorgnis, weil es die Stabilität der Region gefährde in einer Zeit, in der viele Christen in der Kurdenregion Zuflucht gefunden hatten. Den Amtsantritt von Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi im vergangenen Mai hingegen wertete er als Hoffnungszeichen. Der Schiit sei ein ehrlicher Mann, dem zuzutrauen sei, dass er für nationale Einheit sorgen und gegen Korruption und die Militarisierung des Landes vorgehen könne. In Kasimi scheint Sako einen Gesprächspartner gefunden zu haben, der das gestörte Vertrauen in die Politik bessern könnte. „Der Irak wäre nicht der Irak ohne Christen“, sagte der Politiker Mitte Februar laut Medienberichten bei einem Treffen mit Kirchenvertretern. Der Irak sei stark durch seine kulturelle und religiöse Pluralität, die Präsenz indigener christlicher Gemeinschaften im Irak seit apostolischen Zeiten eine Bestätigung für die Fähigkeit des Landes zur Offenheit.

Der Irak zwischen Vielfalt und islamischer Dominanz
Ethnisch-religiös bunt und voller Konflikte


 
© KNA https://www.kna.de KNA aktuell, 26. Februar 2021 VATIKAN / AUSLAND / EU 25 /42

Christen waren einst im Irak in der Mehrheit. Heute kämpfen sie wie andere Minderheiten gegen die Auswirkungen von jahrelanger Gewalt und Terror - oder sie verlassen das Land, das als eine Wiege der Christen gilt.
Von Andrea Krogmann (KNA)

Als eines ihrer ältesten Siedlungsgebiete gehört der Irak zur Wiege der Christenheit. Hier im Zweistromland soll der heilige Apostel Thomas ihnen erstmals das Evangelium verkündet haben. Einst Mehrheit, leben Christen heute als dramatisch geschrumpfte Minderheit in einem multireligiösen, multiethnischen Irak islamischer Dominanz. Jahre der Verfolgung durch islamistische Extremisten wie den „Islamischen Staat“ (IS) haben die Zerrissenheit eines Landes gezeigt, dem es dringend an politisch-religiöser Versöhnung mangelt.
Der Erdölstaat Irak ist ein junges und ein armes Land. Knapp die Hälfte der 39,5 Millionen Iraker ist jünger als 21 Jahre, knapp ein Drittel lebte nach UN-Angaben 2019 unterhalb der Armutsgrenze. Neben einer Viertelmillion Flüchtlingen vor allem aus Syrien stellen 1,4 Millionen Binnenvertriebene das Land vor Herausforderungen.
Die meisten Iraker sind ethnische Araber oder Kurden und Muslime, doch gibt es viele Minderheiten, darunter Turkmenen, Assyrer, Armenier, Jesiden und Mandäer.
Die Vielfalt spiegelt sich nicht zuletzt in den Landessprachen wieder. Neben Arabisch und Kurdisch sind in entsprechend dominierten Gebieten Turkmenisch, Altsyrisch und Armenisch offiziell anerkannt.

65 bis 70 Prozent sind Schiiten, der Rest gehört abgesehen von den religiösen Minderheiten, der sunnitischen Richtung des Islam an. Dieser ist Staatsreligion und Quelle der Gesetzgebung. Die Verfassung schützt gleichermaßen die islamische Identität der Mehrheit der Iraker und die religiösen Rechte von Christen, Jesiden und Mandäern. Die Ausübung der Bahai-Religion oder der Übertritt von Muslimen zu einer anderen Religion sind ungesetzlich.
Das Gesetz verpflichtet die Regierung zum Schutz heiliger Stätten und der freien Religionsausübung der anerkannten Religionsgemeinschaften, zu denen elf Kirchen sowie die Adventistengemeinde gehören.
Neun der 329 Sitze im Repräsentantenrat (Parlament) sind für Minderheiten reserviert, darunter fünf christliche Vertreter. Im autonomen kurdischen Parlament entfallen 11 der 111 Sitze auf Minderheiten, darunter sechs auf Christen.

Genossen Christen unter Saddam Hussein vergleichsweise große Freiheiten, wurden die Spielräume für nichtmuslimische Minderheiten nach 2003 immer kleiner. 50 Prozent der irakischen Christen, nach manchen Schätzungen bis zu 90 Prozent, verließen das Land Richtung Syrien, Jordanien, Libanon oder in den Westen. Heute machen sie laut Schätzungen des US-Außenministeriums rund ein Prozent der Bevölkerung aus und leben vor allem im Norden des Landes und der autonomen Region Kurdistan.

Für das christliche Erbe von zentraler Bedeutung ist die Ninive-Ebene. Ursprünglich Kerngebiet der Christen, entvölkerte sich die Region um die Stadt Mossul nach dem Irakkrieg 2003 und dann über Nacht 2014 mit dem Einfall des IS. Zwar kehrten einige Christen in den letzten Jahren zurück, doch ihre einstige Hochburg bleibt stark geschwächt, das Ausmaß der Zerstörung groß.
Immer wieder ermutigen Kirchenvertreter ihre Gläubigen zur Rückkehr in die angestammten Gebiete, damit das Land nicht von anderen in Anspruch genommen wird, wie es der chaldäische Patriarch Kardinal Louis Raphael I. Sako 2017 formulierte, das Oberhaupt von rund zwei Dritteln der irakischen Christen. Sie dürften den Irak und seine christlichen Traditionen nicht verlassen, mahnte er unlängst erneut. „Die Menschen dieser Region sind die Wurzeln der Christenheit, und wenn es dort keine Christen mehr gibt, werden die Christen ohne Wurzeln sein.“
Mit dem Sieg über den IS verbesserte sich die Lage im Irak. Der Schaden aber, den der islamistische Terror am feinen Gefüge des Landes angerichtet hat, ist laut Beobachtern wohl irreparabel.

Bis heute ist der Schutz der Minderheiten nicht hinreichend gewährleistet, wird wiederholt von Einschränkungen der Religionsfreiheit, Gewalt gegen und Belästigung von Minderheiten berichtet. Der Irak müsse unter aktiver Mitwirkung der Christen „ein Staat werden, der die Vielfalt respektiert, die Einheit bewahrt und sich vom Sektierertum entfernt“, forderte Patriarch Sako in seiner diesjährigen Fastenbotschaft.
Der bevorstehende Besuch des Papstes sei eine Hoffnungsbotschaft für nationale Versöhnung, Frieden und Schutz für alle Bürger.

News der Katholischen Nachrichten-Agentur