Historikerin beleuchtet die Entwicklung der US-Republikaner

Im November wählen die US-Amerikaner einen neuen Präsidenten. Für die Republikaner wird wohl wieder Trump ins Rennen gehen. Warum der Populist weiterhin den Rückhalt der Partei hat, versucht ein neues Buch zu ergründen.

Von Johannes Senk (KNA)


Brandmauern sind ein derzeit gern gewähltes politisches Bild. Eine Brandmauer hat die CDU nach eigener Aussage zur AfD errichtet. Damit soll sichergestellt werden, dass nichts weiter in Richtung der Partei geht - und vor allem nichts von dort in die CDU kommen kann. Doch wo es Brandmauern gibt, wird es auch Brandstifter geben, die versuchen, diese einzureißen. Während die CDU in Deutschland ihre Brandmauer weiter zu verteidigen sucht, ist sie bei der Republikanischen Partei in den USA längst gefallen. Mit Ex-Präsident Donald Trump werden die Republikaner bei der Wahl im Winter wohl wieder dem Populismus in ihren Reihen Tür und Tor öffnen. Sind extremistische Positionen erst mit dem Aufstieg Trumps in der Partei hoffähig geworden?

Die Historikerin Annika Brockschmidt sieht das anders. In ihrem neuen Buch mit dem Titel „Die Brandstifter. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen“ zeichnet sie ein Bild der jüngeren Vergangenheit der Grand Old Party (GOP). Darin zeigt sich, dass der Konservativismus in den USA von Beginn an extreme Strömungen in seinen Reihen nicht nur toleriert, sondern bis zu einem gewissen Grad auch für Netzwerke genutzt hat. Brockschmidt skizziert detailliert den rechtsextremistischen Einfluss auf die Republikaner, die sie in ihrer aktuellen Form charakterisiert als politische Heimat von Konservativen, Ultrakonservativen und Rechtsextremen. Diesen hätten jahrzehntelang geistige Brandstifter den Weg bereitet, resümiert die Autorin. Ihre Analyse beginnt in einem konservativen bis fundamentalistischen katholischen Umfeld in den 1950er und 60er Jahren, vertreten etwa durch die John Birch Society. Deren rassistisch und antisemitisch geprägte Grundsätze lassen sich nach Ansicht der Historikerin mehr oder weniger stringent und stets mit Sympathisanten in höchsten Parteikreisen wie auch am Obersten Gerichtshof bis in die Jetztzeit nachverfolgen. Zwar zeigt Brockschmidts Quellenstudium auf, dass es auch innerhalb der Partei durchaus Unterschiede und Vorbehalte gab. Teile des gemäßigten bis konservativen Establishments lehnten die Rechtsaußenableger nicht selten ab, suchten eine gewisse inhaltliche Distanz zu den Verschwörungstheoretikern. Wenn es ihren Zwecken oder ihrem Machterhalt diente, waren sie Brockschmidt zufolge aber bereit, auch die krudesten Verschwörungstheoretiker zu akzeptieren. Zumal sie - letztendlich fälschlicherweise - davon ausgingen, die radikalen Elemente in den eigenen Reihen kontrollieren und für sich politisch nutzen zu können.


Was extremistische Kräfte von der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bis zum Kapitolsturm in Washington am 6. Januar 2021 eint, sind laut Brockschmidt Rassismus (White Supremacy), Rechtsextremismus und unbedingter Verschwörungsglaube. Die Autorin beleuchtet anschaulich das Auf und Ab des Einflusses dieser Randpositionen auf die Parteilinie, bis er letztlich in Trumpschen Regelverstößen in die Maßlosigkeit stieg.

Das Buch greift für seine Thesen auf eine reiche Quellenlage und zahlreiche einordnende Expertenstimmen aus den USA zurück. Für das Verständnis, warum sich Trump aktuell bei den republikanischen Vorwahlen wohl wieder durchsetzen und damit im November als offizieller Präsidentschaftskandidat antreten wird, liefert Brockschmidts Buch zahlreiche nachvollziehbare, oftmals auch ernüchternde Erklärungen.

Brockschmidt ist Historikerin und Journalistin, sie schreibt unter anderen für die Zeit und den Tagesspiegel vornehmlich über Themen rund um die US-Politik. Aber sie ist auch Anwältin in eigener Sache und vor allem auf der Plattform X als Kommentatorin aktiv. Regelmäßig teilt sie Inhalte und äußert sich zum Abtreibungsrecht und zu Rechten queerer Menschen. Ihr Engagement in diesem Bereich machte sie schon mehrfach zur Zielscheibe für Beleidigungen und Hassnachrichten. Das Buch und die Person der Autorin lassen sich deswegen kaum voneinander abgrenzen. Das wird unter anderem deutlich, wenn sie einige der Akteure mit persönlichen Noten bedenkt. So wird aus dem Antikommunisten und Mitbegründer der Birch-Society, Revilo Pendleton Oliver, ein unangenehmer Mensch; aus Donald Trump eine Karikatur eines gealterten Wrestlers, der auf Wolf of Wall Street trit. Dies tut dem Ernst der Publikation allerdings keinen Abbruch.

 

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