Vor 50 Jahren starb Ben Gurion - Gründer des modernen Israel Beginn einer „unmöglichen Freundschaft“

Er gilt als Vater der Nation, als Gründervater Israels. David Ben Gurion forcierte den Traum von der jüdischen Heimstatt zum demokratischen Staat und wurde Israels erste Ministerpräsident. Er starb vor 50 Jahren.
Von Johannes Schidelko (KNA)

Die Gründungszeremonie war schlicht und emotional - und löste einen Krieg aus, ähnlich dem, der den Nahen Osten derzeit erneut erschüttert. Am Nachmittag des 14. Mai 1948 proklamierte David Ben Gurion im Tel Aviver Kunstmuseum den „jüdischen Staat im Land Israel, den Staat Israel“. Vor 350 geladenen Gästen verlas er die Unabhängigkeitserklärung. Rabbi Fishman sprach mit bewegter Stimme den Schehechejanu-Segen. Dann intonierte ein Orchester die Nationalhymne Hatikwa. Die Zeremonie dauerte 32 Minuten.

„2.000 Jahre haben wir auf diese Stunde gewartet“, eröffnete Ben Gurion seine Rede. Mit Mut, Bereitschaft zum Risiko und Gespür für den richtigen Zeitpunkt hatte der 62- Jährige das Machtvakuum zum Ende des britischen Mandats über Palästina genutzt. Wenige Stunden nach der Zeremonie griffen fünf arabische Staaten den neuen Nachbarn an, der mit zusammengekauften tschechischen Waffen den erfolgreichen Widerstand organisierte. Die Waffenstillstandslinien von 1949 umschlossen ein größeres jüdisches Terrain als der UNO-Teilungsplan von 1947. Dabei wollte Ben Gurion, 1886 in Plonsk im zaristischen Polen als David Grün geboren und von Jugend an begeisterter Sozialist und Zionist, den Nachbarstaaten „die Hand zum Frieden und zu guter Nachbarschaft“ reichen. Die in Israel lebenden Araber rief er auf, sich gleichberechtigt am Aufbau des neuen Staates zu beteiligen. Aber sie machten mobil. Schon 1906 war Ben Gurion nach Palästina ausgewandert. 1915 heiratete er die jüdisch-russische Bibliothekarin Paula Munweis, mit der er drei Kinder hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg gründete er die sozialistische Arbeiterpartei Mapai, die führende Kraft der zionistischen Bewegung, die die jüdische Einwanderung nach Palästina und die Gründung jüdischer Siedlungen forcierte. In seine dreizehn Jahre lange, 1953 kurz unterbrochene Amtszeit fiel 1956 der Suez-Krieg. 1960 überraschte Ben Gurion die internationale Öffentlichkeit mit der Entführung des Holocaust-Koordinators Adolf Eichmann aus Argentinien, der in Israel vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt wurde. 1963 trat er vom Amt des Premiers zurück, blieb aber bis 1970 Mitglied der Knesset. Nach dem Sechstagekrieg 1967 sprach er sich dagegen aus, weiteres arabisches Land zu annektieren.

Schon sehr früh trat Ben Gurion in Kontakt mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Die beiden verband eine zu ihrer Zeit „unmögliche Freundschaft“, die dann zu einer „unmöglichen Freundschaft“ der beiden Länder wurde, wie der frühere Adenauer-Stiftungs-Repräsentant in Jerusalem, Michael Borchard, schrieb. Schon kurz nach Amtsantritt plante Adenauer, das Verhältnis des deutschen Volkes zum Judentum und zum Staat Israel auf eine neue Grundlage zu stellen. Dabei signalisierte er die deutsche Bereitschaft zu einer Wiedergutmachung für das Unrecht des NS-Regimes an den Juden. Dies löste eine rege Geheimdiplomatie aus. Während in der israelischen Öffentlichkeit erhebliche Vorbehalte gegenüber der „Nation der Mörderinnen und Mörder“ und einem „Blutgeld“ bestanden - besonders geschürt von seinem Gegenspieler (und späteren Ministerpräsidenten) Menachim Begin -, war Ben Gurion zu Wiedergutmachungsverhandlungen bereit. Er wollte die Existenz Israels sichern, das infolge der wachsenden Einwanderung und der Waffenkäufe in massiver Geldnot war. Zum historischen Spitzentreffen kam es dann am 14. März im New Yorker Waldorf-Astoria-Hotel. Wegen der wartenden Journalisten stieg Ben Gurion über eine Feuerleiter zwei Etagen zur Adenauer-Suite hinab. Offenbar stimmte - trotz aller Unterschiede - die Chemie beim Zusammentreffen des katholischen Konservativen mit dem sozialistischen Zionisten, so Borchard. 1966, ein Jahr nachdem die Bundesrepublik Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten, besuchte der Pensionär Adenauer den ebenfalls pensionierten Premier in dessen Wüstenkibbuz. Als der Ex-Kanzler ein Jahr später starb, reiste Ben Gurion - als erster israelischer Spitzen-Repräsentant - zu dessen Beerdigung ins Rheinland. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Ben Gurion im Kibbuz Sede Boker im Negev. Er widmete sich der Lektüre; seine private Bibliothek umfasst mehr als 20.000 Bände. Er kannte elf Sprachen, konnte zwar nicht alle sprechen, wohl aber Deutsch. Zudem schrieb er seine Memoiren. Er starb am 1. Dezember 1973 nach kurzer Krankheit.

 

News der Katholischen Nachrichten-Agentur

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