Dornröschenschlaf beendet: Zivilschutz wird wichtig - Mehr Widerstandsfähigkeit für Infrastruktur in Deutschland
Deutschland ist nach Auffassung von Hilfsorganisationen schlecht auf Großkrisen und Angriffe vorbereitet. Der Zivilschutz bekommt neue Aufmerksamkeit. Baustellen gibt es viele.
KNA 20.03.2025
Lange lag der Zivil- und Bevölkerungsschutz in Deutschland im Dornröschenschlaf. Seit dem Ende des Kalten Kriegs wurde nicht nur der Wehrdienst ausgesetzt. Bunker wurden eingemottet, Sirenen abgebaut, Schutzpläne eingemottet. Wer dazu riet, für Not- und Katastrophenzeiten Lebensmittel, Taschenlampen und Kleingeld zurückzuhalten, wurde schräg angeschaut. Die russische Aggression in der Ukraine sowie vermehrte Angriffe auf kritische Infrastruktur und Naturkatastrophen haben wachgerüttelt.
Zeitenwende auch im Zivil- und Katastrophenschutz: Am Dienstag hat der Bundestag ein gigantisches Schuldenpaket beschlossen, das Milliardenausgaben für Verteidigung wie auch für Zivilschutz, Nachrichtendienste und Militärhilfe vorsieht. In welche Bereiche das Geld investiert wird, steht noch nicht fest. Doch Hilfsorganisationen liefern bereits seit Monaten Vorschläge, wie Deutschland widerstandsfähiger gegen über Krieg, Naturkatastrophen, Cyberangriffen und Attacken auf kritische Infrastruktur werden könnte. Gefordert wird eine engere Verbindung von Zivil-, Katastrophen- und militärischem Schutz.
Wir müssen in allen Bereichen widerstandsfähiger werden, sagt der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler. Dazu gehöre auch, die Bevölkerung stärker für Gefahren zu sensibilisieren und zu zeigen, wie jeder in Notfällen Freunden oder Nachbarn helfen könne. Dagegen warnt die Linke vor einer Militarisierung des zivilen Katastrophenschutzes.
Derzeit erarbeiten Bund und Länder ein nationales Schutzraumkonzept. Öffentliche Gebäude und private Immobilien, die als Zufluchtsorte genutzt werden können, sollen systematisch erfasst werden. Der Fokus liegt auf dem Selbstschutz: Bürger sollen eigene Keller für den Ernstfall ausrüsten. Derzeit stehen laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz von ursprünglich 2.000 nur noch 579 Schutzräume mit rund 478.000 Plätzen formal zur Verfügung. Sie seien jedoch weder funktions- noch einsatzbereit.
Der langjährige Präsident des Technischen Hilfswerks (THW), Albrecht Broemme, fordert eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen. Es müssten neue Organisationsformen geschaffen werden- neben Bundeswehr, dem Roten Kreuz und THW, sagte Broemme dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine solche Dienstpflicht könnte auch die Kluft verringern zwischen dem Staat als abstraktem, feindlichen Gebilde und den Menschen.
Etwas anders will sich die Caritas dem Thema nähern: Präsidentin Eva Welskop-Defaa schlägt für alle jungen Menschen eine verbindliche Beratung zu Wehr- oder Freiwilligendienst vor. Damit könne man schnell und einfach sowohl die Zahl der Wehrdienstleistenden erhöhen als auch die Zahl der jungen Menschen, die sich in Freiwilligendiensten oder im Zivil- und Katastrophenschutz engagieren.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte unterdessen ein bundesweites Programm zur Vorbereitung der medizinischen Versorgung auf einen Kriegsfall.
Es gehe darum, das Gesundheitssystem auf alle Arten von Krisen vorzubereiten: Denn eine intakte Gesundheitsversorgung ist für die Verteidigung eines Landes ebenso wichtig wie die Bundeswehr. Auch müssten Deutschland und Europa wieder stärker zum Produktionsstandort für die Pharmaindustrie werden, um die Versorgung mit Arzneimitteln zu sichern.
Der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Christian Reuter, sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, kurzfristig seien 20 Milliarden Euro für den Bevölkerungsschutz nötig.
Ein konkretes Manko ist laut Reuter die fehlende Infrastruktur für die Unterbringung von bis zu 1,7 Millionen Menschen, die im Falle eines Notstands schnell evakuiert oder versorgt werden müssten. Auch das Personal im Katastrophenschutz sei nicht ausreichend geschult, und die Notfallkapazitäten in Kliniken sowie die Versorgung mit Antibiotika reichten nicht aus.
Glaubt man einer im Februar veröffentlichten Umfrage im Auftrag der Malteser, sehen sich auch die Bürger schlecht auf mögliche Krisen vorbereitet. Nur knapp ein Drittel hält sich für eher gut gewappnet, über die Hälfte aber eher unzureichend. Konkret hat demnach bereits ein Viertel der Befragten Vorräte an Lebensmitteln und Medikamenten für den Ernst fall angelegt, 17 Prozent haben sich mit Batteriegeräten oder Notstromaggregaten auf einen Blackout vorbereitet, und gut jeder Zehnte hat einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert.
Militärbischof: Erhöhte psychische Belastung wegen Ukraine-Krieg
Soldaten und ihre Familien stehen wegen eines möglichen Konflikts an der Nato-Ostflanke zunehmend unter Druck, sagt der katholische Militärbischof. Und nennt weitere Herausforderungen für die Seelsorge in der Bundeswehr.
KNA 19.03.2025
Eine veränderte sicherheitspolitische Lage seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vor drei Jahren ist nach Worten des katholischen Militärbischofs Franz Josef Overbeck auch ein Fall für die Militärseelsorge. Die reale Möglichkeit eines militärischen Konflikts an der Nato Ostflanke führt zu einer erhöhten psychischen Belastung für Soldatinnen und Soldaten sowie deren Familien, sagte Overbeck auf einer am Dienstag zu Ende gegangenen Tagung.
Die Militärseelsorge müsse darauf reagieren: um Resilienz zu stärken, moralische Orientierung zu bieten und seelsorgliche Begleitung auch in Extremsituationen sicherzustellen.
Weitere Herausforderungen seien eine zunehmende Pluralisierung und Säkularisierung der Truppe, so Overbeck.
Mittlerweile gehörten fast die Hälfte der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr keiner der großen Kirchen an. Zudem seien rund 3.000 Soldaten Muslime und etwa 300 Juden. Das erfordere eine Erweiterung des seelsorglichen Angebots.
Die Seelsorge sei auch von nichtchristlichen Soldatinnen und Sol daten hoch akzeptiert und werde bei ethischen und persönlichen Fragestellungen in Anspruch genommen. Seit wenigen Jahren gibt es auch wieder eine jüdische Seelsorge in der Bundeswehr. Im Juli 2024 waren dazu die Räume des neuen Militärrabbinats in Berlin eröffnet worden.
Kürzlich hatte die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), Pläne des Verteidigungsministeriums, noch in diesem Jahr eine muslimische Militärseelsorge bei der Bundeswehr einzuführen, begrüßt: Das fehlende seelsorgerische Betreuungsangebot für die rund 3.000 Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens sei unbefriedigend.
Overbeck erklärte, dass die Seelsorge innerhalb der militärischen Hierarchie einen geschützten Raum biete, in dem persönliche Nöte, Zweifel und ethische Dilemmata ausgesprochen werden könnten.
Damit erfülle sie nicht nur einen fürsorgerischen Auftrag, sie trage auch einem verfassungsrechtlich verbürgten Recht der Soldaten auf freie Religionsausübung Rechnung tragen.
Kardinal an Kapitalanleger: Profit optimieren - nicht maximieren
Profit um jeden Preis? Kardinal Peter Turkson appelliert an Investoren, christliche Werte bei Geldanlagen zu beachten. Und präsentiert einen Leitfaden.
KNA 19.03.2025
Der Präsident der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften, Kardinal Peter Turkson, ruft Kapitalanleger dazu auf, sich von christlichen Grundsätzen leiten zu lassen. Es widerspreche der christlichen Berufung, Gutes zu tun, wenn Investments zu Spaltung, Chaos, Konflikten und ökologischen Schäden führten, sagte er am Dienstag in Köln. Der Zweck ist nicht die Maximierung, sondern die Optimierung von Profit. Der Kardinal stellte in Köln das Vatikan-Dokument Mensuram Bonam (Das gute Maß) in deutscher Übersetzung vor. Die Päpstliche Akademie für Sozialwissenschaften hatte das gut 50-seitige Papier erstellt und wertet es als glaubensbasierten Maßstab für katholische Kapitalanleger und Aufruf zum Handeln.
Ziel des Leitfadens sei es, dass Menschen sich von ihrem Glauben begleiten lassen könnten, wenn es um Investitionen gehe, so Turkson. Der Geistliche aus Ghana verwies auf eine Vielzahl von Beziehungen, in denen Geschäftsleute stünden. Dementsprechend sollte unsere christliche Berufung als Geschäftsleute und Kapitalanleger uns dazu führen, all diese Beziehungen Internet Deutscher Text von Mensuram bonam Service gemeinsam zu verbessern und auf ganzheitliche Weise Gutes zu tun. Eindeutige und klare Antworten gebe es jedoch nicht immer. Zudem existierten in verschiedenen Ländern unterschiedliche Kulturen von Investitionen. Strategien und Ergebnisse von Geldanlagen könnten daher vielfältig sein. Mensuram bonam wurde erstmals Ende November 2022 veröffentlicht. Es zitiert mehrfach aus anderen kirchlichen Dokumenten zum Thema: So hatten die Bischofskonferenzen der USA (1986), Österreichs (2018), Italiens (2020) und Deutschlands (2015 und 2021 zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken) ähnliche Leitfäden vor gelegt.
Aktuelle Bezüge ergeben sich im Hinblick auf den Ukraine-Krieg und Diskussionen um das Lieferkettengesetz.
Die deutsche Übersetzung von Mensuram bonam er scheint auch in einem Buch, zu dem Experten begleitende Aufsätze verfasst haben. Gefördert wurde das Projekt von der deutschen Sektion der Stiftung Centesimus Annus pro Pontifice, die sich für die Anliegen der katholischen Soziallehre einsetzt.
Link zum Text: mb_de_final_23_08_24.pdf
Expertinnen: Abbau von Entwicklungshilfe gefährdet Sicherheit
Das Entwicklungsministerium abschaffen? Bloß nicht, warnen zwei Expertinnen. Denn bei den zivilen Kooperationen gehe es auch um Sicherheitspolitik. Wo ein Abbau da hinführen könne, zeigten andere Beispiele.
KNA 19.03.2025
Ein möglicher Abbau der eigenständigen deutschen Entwicklungspolitik hätte aus Sicht von zwei Expertinnen auch Auswirkungen auf die Sicherheit. Deutschlands Sicherheit ist auf strategische Allianzen, stabile Nachbarschaften und die Fähigkeit angewiesen, sich selbst eben dort zu verteidigen, wo die Logik der Kooperation gescheitert ist , heißt es in einem Gastbeitrag von Anna-Katharina Hornidge und Julia Leininger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Hornidge ist Direktorin des German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Leininger dort Leiterin der Abteilung Transformation politischer (Un-)Ordnung. Um die Wehrhaftigkeit Deutschlands sicherheits- und friedenspolitisch zu gewährleisten, seien Investitionen in die Bundeswehr sowie ein nationaler Sicherheitsrat zwar wichtige Punkte, so die Autorinnen. Der Abbau ziviler Kooperationen sei aber kontraproduktiv. Denn: Deutschlands militärische Emanzipation braucht Zeit.
Die Autorinnen reagieren damit auf Pläne der künftigen Bundesregierung, das Entwicklungsministerium als eigenes Ressort aufzulösen und mit vermindertem Etat dem Außenministerium anzugliedern. Am Beispiel Großbritanniens und Australiens zeige sich, dass eine solche Zusammenlegung katastrophale Auswirkungen auf strategische Partnerschaften in Afrika, Asien und Lateinamerika haben könne, hieß es. Zudem stiegen mit dem Rückzug der USA aus der Entwicklungszusammenarbeit die Erwartungen an die Bundesrepublik. Deutschland kann und sollte im Einklang mit seinen Interessen seine Rolle als globales Vorbild im Einstehen für freiheitliche Rechte und Werte weiter ausbauen- nicht 'auch', sondern 'erst recht' im Aufbau einer neuen globalen Sicherheitsarchitektur
Bischof Feige: Versöhnung gibt es nicht zum Nulltarif
Zwischen Dialog und klarer Haltung: Der Magdeburger Bischof über Versöhnung in schwierigen gesellschaftlichen Zeiten. Ohne Selbstreflexion, Mut und Vertrauen geht es nicht. Bestimmte Werte sind aber nicht verhandelbar.
KNA
Für Versöhnung in einer polarisierten Gesellschaft braucht es laut dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige Selbstreflexion und Kompromissbereitschaft. Sicher ist Versöhnung nicht zum Nulltarif zu haben und braucht Zeit. Man kann sie auch nicht erzwingen, schreibt er in seinem am Montag veröffentlichen Hirtenbrief zur Fastenzeit. Sicher wird es nicht ohne Kompromisse gehen.
Zugleich betonte Feige, Kompromisse sollten aber nicht darin bestehen, dass man dem oder der anderen einfach nach dem Mund redet und jeden Gegensatz hinnimmt . Wenn es zudem um so grundsätzliche Werte wie die Würde und Freiheit eines jeden Menschen oder Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gehe, wäre es ein himmelschreiendes Unrecht, sich mit jemandem zu versöhnen, der sich selbstherrlich und gnadenlos darüber hinwegsetzt, gegen andere hetzt und ihnen das Existenzrecht abspricht . Hier sei auch weiterhin eine klare Haltung vonnöten.
Notwendig für eine erfolgreiche Versöhnung sei die Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen und in andere hineinzuversetzen. Zugleich gilt es auszuloten, ob dieselbe Bereitschaft auch auf der Gegenseite vorauszusetzen ist , so Feige.
Letzte Gewissheiten gibt es dabei nicht. Darum gehört Mut dazu, sich dennoch zu überwinden, Vertrauen zu wagen, den ersten Schritt zu machen und das Gespräch zu suchen. Eventuell sei zur Vermittlung auch die Hilfe Dritter notwendig Manche schon länger andauernden Krisen und Konflikte hätten nicht nur die Gesellschaft verunsichert, sondern auch sehr persönliche Spuren hinterlassen, konstatierte der Bischof. Viele sind unzufrieden und leiden an Überforderungen und Missständen, an ihrer Unvollkommenheit oder eigenem Versagen. Manche leugneten auch, Schuld auf sich geladen zu haben, oder wiesen jede persönliche Verantwortung dafür zurück. Wichtige Voraussetzung für eine gelingen de Versöhnung mit anderen sei aber, ob und wie man selbst mit sich und seinem Leben versöhnt ist .
Kirche in Lateinamerika kritisiert US-Migrationspolitik
In einem Brief an die US-Bischofskonferenz haben Bischöfe aus zahlreichen lateinamerikanischen Ländern Kritik am Um gang der US-Regierung mit Migranten geäußert. Es falle ein Schatten auf das Land der Freiheit .
KNA

Bilduntertitel: Playas de Tijuana, Mexiko : Mexikanische Familien, die in Tijuana leben, besuchen Familienmitglieder, die in den Vereinigten Staaten leben, indem sie sich an einem sonnigen Wintersamstagmorgen an der Grenzmauer in Playas de Tijuana treffen. quelle: istock/shakzu
Die katholische Kirche in Lateinamerika hat die Migrationspolitik der US-Regierung verurteilt. Tausende betroffener Familien hätten angesichts der Ankündigungen und Entscheidungen der US-Regierung zu Migrationsfragen Angst vor der Zukunft, heißt es in einem Schreiben des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM an den Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio.
Die Angst hat sie ergriffen und einen Schatten auf das Land der Freiheit und des Vertrauens in Gott geworfen, schreiben die Bischöfe. Zudem betonen sie, die kulturelle Identität der USA sei das Produkt aus fünf Jahrhunderten Migration von Millionen Menschen, die aus freien Stücken oder gezwungenermaßen in Situationen von Schmerz und Leid gekommen sind. Diese Vielfalt stelle- wenn auch nicht immer in voller Harmonie- einen Reichtum dar, wenn der Beitrag, den jede Tradition und Kultur zum Gemeinwohl leiste, anerkannt werde.
Der CELAM erinnert daran, dass viele Lateinamerikaner ihre Herkunftsländer wegen Gewalt und Perspektivlosigkeit verließen, um nach Bedingungen für ein würdigeres Leben zu suchen. Die USA seien das erste Ziel von Geflüchteten, die auf der Suche nach ihren Träumen seien, mit allen Folgen eines schmerzhaften Prozesses der Entwurzelung . Umso wichtiger sei die Solidarität und Unterstützung, die die nordamerikanischen Bischöfe seit jeher unseren Brüdern und Schwestern zukommen lassen, die in ihr Heimatland kommen, heißt es. Dazu zählten auch Bemühungen, Wege zu finden, die den Migranten Zugang zu wirtschaftlicher Entwicklung ermöglichen.
US-Präsident Donald Trump, der seit Ende Januar im Amt ist, hat die größte Abschiebung in der amerikanischen Geschichte angekündigt und zugleich den Druck auf den südlichen Nachbarn Mexiko erhöht. Die dortige Regierung müsse sich mehr anstrengen, irreguläre Migration einzudämmen.
Der Lateinamerikanische Bischofsrat CELAM (Consejo Episcopal de Latinoamericano) ist der Zusammenschluss von 22 nationalen Bischofskonferenzen Lateinamerikas und der Karibik. Sitz des Generalsekretariates ist Kolumbiens Hauptstadt Bogota.
UN-Menschenrechtskommissar alarmiert über neue Weltpolitik
Eine regelbasierte Ordnung sollte in den vergangenen Jahrzehnten den Frieden sichern helfen. Jetzt gehen die Grundsätze über Bord. Schuld daran gibt Menschenrechtskommissar Türk auch den USA. Er warnt vor Chaos.
KNA
Der Menschenrechtskommissar der Vereinten Nationen, Volker Türk, hat sich alarmiert über die Aushöhlung des allgemeinen Werte- und Regelsystems in der globalen Politik geäußert. Was man derzeit erlebe, berühre den Kern der internationalen Ordnung, sagte Türk am Montag in Genf vor der Versammlung des UN-Menschenrechtsrats.
Dabei verwies er neben zahlreichen Konflikten und Menschenrechtsverletzungen weltweit auch auf den Kurswechsel der US-amerikanischen Regierung unter Präsident Donald Trump. Jede Diskussion über eine Beendigung des Krieges gegen die Ukraine müsse die dortige Bevölkerung einbeziehen und ihre Menschenrechte in vollem Umfang respektieren, verlangte Türk. Man dürfe nicht zulassen, dass der über Jahrzehnte aufgebaute globale Konsens über internationale Normen und Institutionen, der ein nie dagewesenes Maß an globaler Stabilität gebracht habe, vor den Augen zerbreche. Augenblicklich seien weltweit rund 120 Konflikte im Gang, sagte Türk. Dabei würden völkerrechtliche Rahmenbedingungen zum Schutz der Zivilbevölkerung, der Schadensbegrenzung und der Justiz eklatant und wiederholt miss achtet und verworfen. „Konflikt ist eine Chaosmaschine“, sagte Türk. Es müsse sichergestellt werden, dass Täter für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Rechenschaftspflicht diene auch dem Schutz der Zukunft, betonte Türk unter Hinweis auf den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgt. Nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, etwa für Schäden am Klima und der Umwelt, ergänzte Türk. Er forderte die Europäische Union nachdrücklich auf, bei ihrer Gesetzgebung zur Nachhaltigkeit eine solide menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflicht von Unternehmen in den Mittelpunkt zu stellen. Gegenwärtig gibt es Bemühungen, schon beschlossene Standards etwa beim Lieferkettengesetz wieder aufzuweichen.
Dramatische Botschaft des Papstes zu weltweiten Krisen
Auch in der Klinik sorgt sich der Papst um die Zukunft der Menschheit. In einer Botschaft sendet er seine Gedanken zu den sich zuspitzenden Krisen. Vatikanstadt
KNA

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Im Vatikan hat am Montagmorgen eine Versammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben begonnen. Sie steht unter dem Motto: Das Ende der Welt? Krisen, Verantwortlichkeiten, Hoffnungen. Der Papst sandte aus der Klinik eine streckenweise dramatische Grußbotschaft an die Teilnehmer, die der Vatikan am Vormittag veröffentlichte. Darin betont Franziskus, die derzeitige Weltlage sei durch eine Polykrise gekennzeichnet. Dazu trügen in dieser dramatischen historischen Stunde Kriege, Klimawandel, Energieprobleme, Epidemien, Migrationsströme und technische Neuerungen bei.
Mit Nachdruck wandte sich der Papst gegen eine utilitaristische und neo-libertäre Deregulierung, die derzeit weltweit im Gang sei. Sie wolle das Gesetz des Stärkeren als einzige Regel durchsetzen; das sei unmenschlich. Stattdessen müssten jene Instrumente gestärkt werden, die den gesamten Planeten im Blick haben.
„Leider müssen wir feststellen, dass internationale Institutionen immer mehr an Relevanz verlieren“, so Franziskus. Sie seien bedroht durch kurzsichtige Haltungen, denen es nur um Einzelinteressen gehe. „Dagegen müssen wir uns weiter entschlossen für wirksamere weltweite Organisationen einsetzen“, erklärte der Papst. Es gehe darum, das globale Gemeinwohl zu sichern.
Hier können Sie die Botschaft des Papstes im Langtext auf Englisch lesen
https://www.vatican.va/content/francesco/en/messages/pont-messages/2025/documents/20250226-messaggio-pontificia-academia-provita.html
Kirchen rufen zum Klimafasten auf
Jeder ist aufgerufen, in den Wochen vor Ostern über den persönlichen Umwelt- und Klima-Fußabdruck nachzudenken. Kirchen geben im Internet Tipps.
Ideen für mehr Umwelt- und Klimaschutz wollen die Kirchen mit ihrer Aktion Klimafasten vermitteln und rufen ab Aschermittwoch und bis Ostern Kirchengemeinden, Vereine, Familien und Einzelpersonen auf, mehr Klimaschutz im Alltag zu leben. Dazu stellen die Kirchen Impulse, Texte und Online-Videos bereit. Materialien stehen auf www.klimafasten.de zum Download bereit.
(KNA)
UN warnen vor Hungerkrise in Somalia- Finanzmittel fehlen
Die Vereinten Nationen rechnen in Somalia mit 4,4 Millionen Hungernden in diesem Frühjahr. Nötige Gelder für humanitäre Hilfe fehlen. Der Staat am Horn von Afrika gilt jetzt schon als fragilster der Welt. Rom
KNA
In Somalia könnten nach UN-Berechnungen bis April 4,4 Millionen Menschen von Hunger bedroht sein. Grund seien eine sich verschlimmernde Dürre, unregelmäßige Regenfälle und der anhaltende Konflikt in dem ostafrikanischen Land, teilte die Welternährungsorganisation FAO mit. Besonders betroffen seien Bauernfamilien mit geringen Erträgen, die ihre Vorräte aufgebraucht hätten, Binnenvertriebene und kleine Viehzüchter.
Akute Finanzierungsengpässe hätten dazu geführt, dass wichtige Programme gekürzt oder gestrichen worden seien, so die UN-Organisation. Der Bedarf für humanitäre Hilfe in Somalia liege für das laufende Jahr bei 1,42 Milliarden US Dollar (1,35 Milliarden Euro). Davon seien derzeit nur 12,4 Prozent finanziert. Bis Jahresende werden nach Schätzung der FAO 1,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren von akuter Unterernährung bedroht sein, 466.000 von ihnen schwer- ein Anstieg um neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Somalia nimmt in der Liste der fragilsten Staaten der Welt den Spitzenplatz ein, noch vor Sudan und dem Südsudan. Bereits 2022 hatte eine schwere Dürre das Land an den Rand einer Hungerkatastrophe gedrängt. Tausende Menschen starben.
Ukrainische Bischöfe stellen neues Interesse am Christentum fest
Der römisch-katholische Bischof spricht von vollen Kirchen und vielen erwachsenen Taufbewerbern. Der ukrainische Großerzbischof der griechisch-katholischen Kirche hingegen berichtet von zahlreichen Konversionen seit Kriegsbeginn.
KNA
Die Bischöfe in der Ukraine haben ein neues Interesse am christlichen Glauben im Land festgestellt. Der römisch-katholische Bischof von Odessa, Stanislaw Szyrokoradiuk, berichtete von vollen Kirchen und einer steigenden Zahl von Erwachsenentaufen. Viele kommen zur Katechese, zum ersten Mal in ihrem Leben. Es gibt auch viele Erwachsene, die nicht getauft sind und nun den Wunsch danach verspüren , so der katholische Bischof. Derzeit würden alle sechs Sonntagsgottesdienste in seiner Bischofskirche gefeiert, obwohl es in seiner Stadt nur wenige römisch-katholische Christen gebe. Zu den Gottesdiensten gehörten auch Kindermessen mit einem Kinderchor. Eine ähnliche Entwicklung sieht auch der ukrainische Großerzbischof der griechisch-katholischen Kirche, Swjatoslaw Schewtschuk. Die katholische Kirche sei in dieser Zeit aufgeblüht , ihre Mitgliederzahl von 7,5 auf 12 Prozent der Bevölkerung gestiegen. Als möglichen Grund nannte Schewtschuk, dass die Kirche keine politische Organisation sei, sondern das Evangelium und die Wahrheit des lebendigen Gottes unter uns verkünde. Damit sei sie für viele ein Leuchtturm der Hoffnung. Ebenso seien Kirchengebäude für Tausende zu Zufluchtsorten geworden, vor allem aber zu Quellen spirituellen Trostes . Das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche unter strich auch den Einsatz der Kirche für Menschenwürde und Gerechtigkeit.
1700- Jähriges Jubiläums des Ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa - Zukunft der Ökumene – Livestream Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland
Zu einer hochkarätig besetzten Fachtagung anlässlich des 1700-jährigen Jubiläums des Ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa lädt der Deutsche Ökumenische Studienausschuss (DÖSTA) der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Frankfurt und der Katholischen Akademie Rabanus-Maurus vom 06.-08. März 2025 nach Frankfurt ein. Die Abendveranstaltungen am Donnerstag und Freitag können kostenlos und ohne Voranmeldung von der interessierten Öffentlichkeit besucht oder im Livestream verfolgt werden.
- Donnerstagabend, 06. März 2025, ab 20:00, Uhr
Vortrag: Nizäa in interkultureller / interreligiöser / philosophischer Perspektive
Personen: Dr. Andreas R. Batlogg SJ (München), Moderation: Prof. Dr. Andreas Krebs (Bonn)
Teilnahmelink: https://www.youtube.com/live/rcHTbLblbyI - Freitagabend, 07. März 2025, ab 19:30 Uhr,
Das Konzil als Format? Kirchliche und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse heute Personen: Prof. Dr. Hacik Rafi Gazer (Erlangen), Prof. Dr. Andreas Krebs (Bonn), Prof. Dr. Frederike Nüssel (Heidelberg), Prof. Dr. Thomas Söding (Bochum), Prof. Dr. Andrea Strübind (Oldenburg), Moderation: Michael Sahr (ZDF, Mainz)
Teilnahmelink: https://www.youtube.com/watch?v=sMMxAIOmB2g
Thierse: Kirchen wichtig in zerklüfteter Gesellschaft
Polarisierung, Kritik, Vermittlung: Die Rolle der Kirchen in hitzigen Debatten steht im Fokus. Wolfgang Thierse sieht eine Bedeutung der Kirchen als Orte des fairen Streits und der Verständigung.
KNA
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht die Kirchen aktuell in einer wichtigen gesellschaftspolitischen Rolle. In dieser atmosphärisch zerklüfteten Gesellschaft mit der Schärfe der Auseinandersetzungen sind die Kirchen auch deshalb wichtig, weil sie vielleicht Beiträge leisten können, dass die Zuspitzung nicht passiert , sagte der ostdeutsche SPD-Politiker. Die Kirchen könnten Räume anbieten, in denen man zeige, dass man auch bei heftigem Streit fair miteinander umgehen könne. Es gehe darum, Kompromiss- und Konsensfähigkeit zu befördern. Ich hoffe, dass die Kirchen dazu beitragen können.
Aschermittwoch bis Ostern- Fragen und Antworten zur Fastenzeit
Warum Christen fasten- 40 Tage Zeit der Vorbereitung auf Ostern Keine Feste, kein Tanz, kein Fleisch: Früher war das Leben hart in der Fastenzeit. Aber wie fasten Christen heute?
Von Christoph Arens
KNA
Am Aschermittwoch (5. März) beginnt für Christen die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern. Es geht um einen anderen Lebensstil, um mehr Zeit für sich selbst und um das Gespräch mit Gott. Antworten auf wichtige Fragen zur Fasten- und Bußzeit.
Lange galt Fasten als unsexy und unmodern. Selbst bei Katholiken galt die Fastenzeit über Jahrzehnte als überholt. Im Zuge der Debatten über die ökologische Krise und einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil hat das Fasten aber in vielen Kreisen eine neue Attraktivität gewonnen- allerdings meist ohne eine religiöse Komponente.
Viele versprechen sich vom Fasten neben dem Gewichtsverlust auch Glücksgefühle, eine Reinigung von Körper, Geist und Seele, geschärfte Sinne und mehr Energie. Vor allem der Januar hat sich aber zuletzt als neue Fastenzeit etabliert, in der manche Bürger die guten Vorsätze vom Jahreswechsel umzusetzen versuchen.
Warum gibt es für Christen eine Fastenzeit vor Ostern?
Die christliche Fastenzeit ist eher spirituell begründet. Durch eine Zeit der Buße und Besinnung sollen sich Christen auf die zentralen Ereignisse ihres Glaubens vorbereiten- die Feier des Todes und der Auferstehung Jesu an Ostern.
Ähnliches galt früher in der katholischen Kirche für den Advent, der als Buß- und Fastenzeit vor dem Weihnachtsfest begangen wurde.
Erste Hinweise auf eine christliche Fastenzeit gab es im zweiten Jahrhundert. Bis zum Anfang des fünften Jahrhunderts setzte sich flächendeckend eine 40-tägige Fastenzeit vor Ostern durch.
Wie sollen sich Christen auf Ostern vorbereiten?
Die Regeln sind in den vergangenen Jahrzehnten weniger streng geworden.
Seit dem fünften Jahrhundert rückte der Verzicht auf Nahrungsmittel in den Mittelpunkt.
An den Wochentagen der Fastenzeit durfte man bis zur Reform der Fastenpraxis durch Papst Paul VI. 1966 nur einmal am Tag eine volle Mahlzeit zu sich nehmen und musste sich am Mor gen und Abend mit einer kleinen Stärkung begnügen.
An den Fast- und Abstinenztagen, also an allen Freitagen der Fastenzeit, am Aschermittwoch und am Karfreitag, war zudem Fleischgenuss verboten. Außerdem galt die Fastenzeit als geschlossene Zeit , in der feierliche Hochzeiten, Feste und Tanz verboten waren.
Heute gelten noch Aschermittwoch und Karfreitag als Tage, an denen das Fasten und die Abstinenz von Fleischspeisen für Katholiken verpflichtend sind.
Die Sonntage sind immer von Fastengeboten ausgenommen, daher zählt man auch nur 40 Tage zwischen Aschermittwoch und Ostern.
Gibt es auch andere Formen, die Fastenzeit zu begehen?
Die katholischen deutschen Bischöfe rufen dazu auf, in der Fastenzeit sich selbst und seinen Lebensstil so zu ändern, dass durch Besinnung und Gebet, heilsamen Verzicht und neue Sorge füreinander Christus wieder mehr Raum im Leben gewinnen kann.
Bistümer, Gemeinden und Verbände sind kreativ geworden, wenn es um die Gestaltung der 40 Tage geht: Es gibt spirituelle Angebote, Autofasten, Plastik Fasten oder gemeinschaftlichen Verzicht auf WhatsApp, Tik tok, Instagram und Co.
Die zentrale Fastenaktion der katholischen Kirche wird in jedem Jahr vom Entwicklungshilfswerk Misereor organisiert, das zu Spenden für Entwicklungsländer und zu einem Überdenken des eigenen Lebensstils aufruft.
Wie zeigt sich die Fastenzeit im kirchlichen Alltag?
Die Fastenzeit beginnt mit dem Aschermittwoch und endet mit dem Karsamstag, also dem Tag vor Ostern. Sie dauert 40 Tage; denn die Sonntage werden nicht mitgezählt, da an ihnen nicht gefastet werden muss. Schon farblich schlägt sich die besondere Zeit in den katholischen Gottesdiensten nieder. Die vorherrschende liturgische Farbe ist das Lila- und das steht bei Farbpsychologen wegen seiner Mischung aus dem kostbaren Purpurrot und einem eher kalten, schweren Blau für das Geistige, für den starken Kontrast zu allem Körperlichen. In den Gottesdiensten entfallen das Gloria und das Halleluja. Ab dem Palmsonntag werden die Kreuze verhüllt.
500 Tage Gazakrieg- Wunsch nach Wiederaufbau und neuer Ordnung
Vor 500 Tagen, am 17. September 2023 griff die Hamas Israel an. Seither herrschten im Land Unsicherheit und der Wunsch nach Wiederaufbau, sagt der Historiker und frühere Abgeordnete Menachem Ben-Sasson. Jerusalem
KNA
500 Tage nach Kriegsbeginn herrschen nach Worten des Präsidenten der Hebräischen Universität Jerusalem, Menachem Ben-Sasson, in Israel wirtschaftliche Probleme und der Wunsch nach neuer Ordnung.
Israel hat immer noch Schmerzen und ist weiterhin gefangen von Feinden, seiner Regierung und einigen seiner vermeintlichen Unterstützer im Ausland, sagte Ben-Sasson der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Jerusalem. Alle Umfragen zeigten, dass weite Teile der israelischen Bevölkerung in Fragen der Kriegsführung, der Geiselbefreiung und der antidemokratischen Revolution des Regimes das Vertrauen in die führenden staatlichen Institutionen verloren hätten, so der frühere Parlamentsabgeordnete. Die Staatsführung weise die Umfragedaten jedoch als falsch zurück.
In allen Teilen der israelischen Gesellschaft bestehe der Wunsch nach Wiederaufbau der Kriegsschäden und der Wirtschaft, so Ben-Sasson. Zudem brauche die Gesellschaft wieder Vertrauen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
Allerdings habe es in den vergangenen 500 Tagen keine ermutigenden Botschaften in diese Richtung gegeben, so der Historiker.
Viele Menschen in Israel verglichen die Situation mit einer Achterbahnfahrt, bei der die Gefühle von Übelkeit bis hin zu fundamentaler Instabilität reichen.
Der 17. Februar markiert den 500. Tag seit Beginn des Krieges im Gazastreifen.
Bis heute befinden sich noch 73 tote und lebendige Geiseln in der Gewalt der Hamas. Während der israelischen Bodenoffensive wurden nach offiziellen Angaben mindestens 400 israelische Soldaten und 48.000 Palästinenser getötet.
Parolin sieht Europa ohne Wurzeln und schwach im Gestalten
Kardinal Parolin dirigiert seit 2013 die Außenpolitik des Vatikans. Manche sehen ihn als möglichen Nachfolger von Papst Franziskus. In einem Interview hat er die Lage Europas in einer radikal veränderten Welt analysiert.
KNA

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Europa leidet in der aktuellen Weltlage nach Ansicht von Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin an einer grundlegenden konzeptionellen Schwäche.
In einem Interview der italienischen Zeitung Eco di Bergamo sagte der außenpolitische Kopf des Vatikans: Europa hat derzeit gute Antikörper, um Krisen und Herausforderungen zu widerstehen. Aber das größere Problem sind Ideen für die Zukunft, um den internationalen Konkurrenten entschlossen etwas entgegensetzen zu können.
Als Hauptursache für die gegenwärtige konzeptionelle Schwäche Europas machte der Chefdiplomat des Papstes Probleme des Kontinents mit der eigenen Geschichte aus. Europa hat eine tief, teilweise auch berechtigte, Angst vor der eigenen Vergangenheit , so Parolin. Es gebe aber neben vielen dunklen Episoden noch viel mehr helle Momente in Europas Geschichte. Um die großen und langfristigen Herausforderungen der Gegenwart in den Bereichen Kultur, Migration und Handel zu bestehen, müsse Europa wieder sich selbst finden. Nur so könne es in den derzeitigen geopolitischen Herausforderungen eine zentrale Rolle spielen.
Parolin erinnerte daran, dass die Staaten Europas beim Ringen um eine europäischen Verfassung die Idee verworfen hätten, explizit an die jüdisch-christlichen Wurzeln anzuknüpfen. Stattdessen habe man sich für eine bloße Erwähnung des kulturellen, humanistischen und religiösen Erbes entschieden. Dies habe unter den beteiligten Völkern das Bewusst sein für die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Projekt der Integration und den Sinn für eine europäische Identität geschwächt.
Anstatt Europa von tiefen gemeinsamen Fundamenten und Wurzeln her aufzubauen, habe man sich für einen veränderbaren Wertekonsens entschieden. Zukunft könne aber nur auf Vergangenheit aufgebaut werden.
Ukrainischer Bischof besorgt über Trumps Umgang mit Putin
Die USA und Russland wollen über einen Waffenstillstand in der Ukraine sprechen. Der Münchner ukrainische Bischof Bohdan Dzyurakh sieht die Initiative des US-Präsidentin Trump grundsätzlich positiv. Er warnt aber auch.
KNA
Die angekündigten Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Zukunft der Ukraine werden in der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche zwiespältig aufgenommen. Der Bischof der deutschen Exarchie der mit Rom verbundenen Kirche, Bohdan Dzyurakh1 , sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitagabend in München: Der Wunsch von US-Präsident Donald Trump, einen dauerhaften und stabilen Frieden wiederherzustellen, kann nur begrüßt und geteilt werden. Trumps Behauptung, Kremlchef Wladimir Putin wolle Frieden und sei zu ernsthaften Gesprächen bereit, sei jedoch kritisch zu sehen. Der ukrainische Bischof forderte, bei den angekündigten Verhandlungen die Grundsätze des Völkerrechts zu beachten. Putin wolle dieses Regelwerk zunichtemachen. Wenn die westlichen Staaten die Ukraine verraten und Putins imperial koloniale Forderungen erfüllen, wäre dies eine Niederlage für die gesamte demokratische Welt und ein Signal an andere Diktatoren, dass Gewalt und Aggression die geeignetsten Mittel sind, um ihre destruktiven Ziele zu erreichen, so Dzyurakh. Die Regierenden der zivilisierten Welt müssten begreifen, dass es unmöglich sei, das Übel zu besiegen, indem man den Übeltätern nachgebe, mahnte er.
Die Ukraine und das ukrainische Volk seien einer ungerechtfertigten und barbarischen Aggression ausgesetzt. Es sei unmöglich, Frieden zu schaffen, ohne die Gerechtigkeit wiederherzustellen und diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die auf so brutale Weise alle Prinzipien des Friedens und der Sicherheit zerstört hätten. Es seien wirksame Garantien notwendig, die neue aggressive Aktionen der Russischen Föderation gegen andere Länder und Völker verhinderten.
Weiter sagte Dzyurakh: Die internationale Gemeinschaft brauche heute mehr denn je Einigkeit, Entschlossenheit und Mut, um einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine und in Europa zu erreichen.
1 Bischof. Dzyurakh ist Apostolischer Exarch für die Ukraine des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien mit Sitz in München. Er gehört der katholischen Deutschen Bischofskonferenz als beratendes Mitglied an
Renovabis-Chef: Menschen im Osten müssen an EU glauben können
Das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis sieht mit Sorge, dass zunehmend auf nationale Lösungen von Problemen gesetzt wird. Große Herausforderungen bräuchten aber europäische Antworten und europäische Solidarität.
Freising (KNA)
Die Länder im Osten Europas setzen dem katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis zufolge darauf, dass Deutschland weiter eine aktive Rolle in der Europäischen Union (EU) spielt und sich für die Osterweiterung stark macht. Renovabis-Chef Thomas Schwartz teilte am Montag in Freising mit: Die Menschen müssen an einen Weg in die EU glauben, nur dann werden sie die Motivation finden, die notwendigen inneren Reformen anzugehen.
Dazu gehörten eine unabhängige Justiz, Medienfreiheit, die Bekämpfung von Korruption oder der Schutz von Religionsfreiheit und von ethnischen Minderheiten wie der Roma. Ohne diese Perspektive bestehe die Gefahr, dass die Menschen verstärkt versuchten, durch Migration für sich selbst den EU-Beitritt vorwegzunehmen, gab Schwartz zu bedenken. Dies hätte dann fatale Auswirkungen für ihre Heimatländer, wo sie in der Folge nicht nur als Arbeitskräfte fehlen würden. Mit Sorge sähen die Partner von Renovabis auch die Tendenz, verstärkt auf nationale anstatt auf europäische Lösungen zu setzen. Große Herausforderungen wie die Fragen zur Migration brauchen europäische Antworten und europäische Solidarität , sagte der Renovabis-Chef. Von der künftigen Bundesregierung erhofften sich die Partner des Hilfswerks, die überwiegend aus dem kirchlichen und sozialen Bereich kommen, dass nicht nur politische und wirtschaftliche Akteure in den Blick genommen würden, heißt es.
Vor 80 Jahren: Nazis ermorden Jesuiten Alfred Delp in Plötzensee
Denker für ein anderes Deutschland Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt. Noch in der Todeszelle schrieb Alfred Delp eindringliche religiöse Meditationen. In Berlin-Plötzensee und in Mainz wird zum Jahrestag an den Jesuiten erinnert.
Von Volker Hasenauer (KNA) Mainz/Berlin (KNA)
Es fehlten nur wenige Wochen bis zum Zusammenbruch des nationalsozialistischen Terrorregimes, doch der Volksgerichtshof machte mit Alfred Delp kurzen Prozess: Dass sich der Jesuit am Kreisauer Kreis beteiligt hatte, der Gruppe um Helmuth James Graf von Moltke, die für einen deutschen Neuanfang nach Hitler plante, machte den 37-Jährigen für die Nationalsozialisten zum Hochverräter.
Am 2. Februar 1945, vor 80 Jahren, wurde Delp in Berlin Plötzensee hingerichtet.
Delp wurde als Sohn eines protestantischen Kaufmanns und einer katholischen Mutter 1907 in Mannheim geboren. Im südhessischen Lampertheim, wo die Familie ab 1914 wohnte, engagierte er sich in der katholischen Jugendarbeit. Sein Gemeindepfarrer förderte die intellektuelle Begabung des Jugendlichen.
Direkt nach dem Abitur trat Delp entgegen den Wünschen seiner Eltern in den Jesuitenorden ein.
Während seiner Studienzeit war Karl Rahner, der spätere Konzilstheologe, sein Lateinlehrer.
Es folgten Studien im In- und Ausland, für einige Zeit war er in der Schwarzwald-Jesuitenschule in Sankt Blasien tätig.
Nachdem ihm die Nationalsozialisten ein Promotionsstudium an der Universität München verweigerten, kam Delp zur NS-kritischen Jesuitenzeitschrift Stimmen der Zeit . Gleichzeitig entwarf er in Predigten in Abgrenzung zum nationalsozialistischen Staat seine Vision eines solidarischen Christentums und einer humanen Gesellschaft.
Delp war zugleich ein scharfer Kritiker einer selbstzufriedenen, verbürgerlichten Kirche. Er forderte einen drängenden missionarischen Dialog mit dieser Zeit . Die Kirche dürfe nicht Misstrauen gegen die schöpferischen Kräfte der Menschen hegen.
Der Jesuit war überzeugt: Es wird kein Mensch an die Botschaft vom Heil und vom Heiland glauben, solange wir uns nicht blutig geschunden haben im Dienste des physisch, psychisch, sozial, wirtschaftlich, sittlich oder sonst wie kranken Menschen.
Vermittelt durch den Münchner Jesuitenprovinzial Augustin Rösch, kam Delp in Kontakt mit dem Kreisauer Kreis. Wie groß sein Einfluss dort war und wie oft er an Treffen teilnahm, bleibt unter Historikern umstritten. Sicher ist, dass Delp kein realpolitisches Programm für die Zeit nach Hitler entwarf, sondern eher Gedanken für die sozialphilosophischen Fundamente eines neuen Deutschlands beisteuerte. Delp hoffte auf einen Humanismus im Namen Gottes , auf ein Erwachen des Menschen zu seinen Werten.
Nach der Verhaftung Moltkes und vor allem nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 geriet auch Delp ins Visier der Gestapo. Weil sich in Stauffenbergs Notizbuch Delps Name fand, wurde er verdächtigt, an der Verschwörung beteiligt gewesen zu sein. Was aktuellen Forschungen zufolge indes nicht der Fall war.
Am 9. und 10. Januar 1945 machte ihm der oberste NS Richter Roland Freisler wegen Hoch- und Landesverrats den Prozess. Delp selbst spürte, wie er es nach der Verurteilung formulierte, schon bei den ersten Fragen die Vernichtungsabsicht. Es war alles fertig, als es anfing.
Am 11. Januar 1945 verkündete Freisler Delps Todesurteil.
Mit gefesselten Händen verfasste der Pater in den ihm verbleibenden Wochen zwischen Verhaftung und Hinrichtung Briefe, Meditationen und Abhandlungen. Sein geistliches Testament. Sein Glaube und sein tiefes Gottvertrauen blieben bis zuletzt ungebrochen. Als er am 2. Februar 1945 zum Galgen geführt wurde, soll er dem Gefängnisseelsorger zugeflüstert haben: In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie.
Vor 80 Jahren wurde Helmuth James Graf von Moltke hingerichtet - Er wollte einen radikalen Neuanfang.
Helmuth James Graf von Moltke war der führende Kopf des Kreisauer Kreises, der während des Kriegs Konzepte für ein anderes Deutschland entwickelte. Vor 80 Jahren wurde er hingerichtet.
Von Christoph Arens (KNA)
Das Urteil lautete auf Hochverrat . Am 23. Januar vor 80 Jahren wurde Helmuth James Graf von Moltke im Gefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet- mit 38 Jahren. Der schlesische Gutsbesitzer und Völkerrechtsexperte war ein führender Kopf des Widerstandes gegen die Nazis. Seit 1940 hatte er zusammen mit Peter Graf Yorck zu Wartenburg die Widerstandsgruppe aufgebaut, die unter dem Namen Kreisauer Kreis bekannt wurde und Konzepte für ein anderes Deutschland entwickelte. Helmuth ist ganz bereit zu sterben, vertraute seine Frau Freya einer Freundin vor seiner Hinrichtung an. Moltke selber schrieb kurz vor seinem Tod an Freya: Der Auftrag, für den Gott mich gemacht hat, ist erfüllt. Moltkes Herkunft, sein soziales Engagement, seine Ausbildung und die internationalen Kontakte führten ihn- anders als große Teile des Adels- früh in Opposition gegen das NS-Regime.
1907 geboren und aufgewachsen auf dem schlesischen Familiengut Kreisau, genoss er durch seine aus einer bürgerlichen südafrikanischen Familie stammende Mutter eine vorwiegend britische, liberale Erziehung. Schon früh übte der Jurist offen Kritik an Hitlers Aufstieg, unterstützte ab 1934 Juden bei der Ausreise und verzichtete auf die Richterlaufbahn, um nicht der NSDAP beitreten zu müssen.
Als Völkerrechtler im Oberkommando der Wehrmacht engagierte sich Moltke für die Einhaltung des Völkerrechts, für die Rechte von Kriegsgefangenen und gegen Geiselerschießungen- und erhielt so einen tiefen Einblick in die Verbrechen von NS-Staat und Wehrmacht.
Seine dienstlichen Reisen nutzte er, um Beziehungen zu NS-Gegnern im Ausland aufzubauen. Eines seiner größten Talente bestand im Aufbau von Netzwerken. Moltkes Weltgewandtheit führte Katholiken und Protestanten, Sozialisten, Liberale und Konservative, Wissenschaftler und Gewerkschafter zusammen- einen Kreis von rund 20 Menschen, der während des Krieges über die Zukunft Deutschlands nachdachte.
Der Kontakt zu den Kirchen entwickelte sich Ende 1941. Moltke streckte Fühler zum katholischen Berliner Bischof Konrad von Preysing aus. Im Oktober kam der Jesuit Augustin Rösch dazu; auch Alfred Delp, ebenfalls Jesuit, wurde einbezogen.
Die Kreisauer trafen sich- aus Furcht vor der Gestapo- zunächst in kleinen Gruppen im Reihenhaus der Yorcks in Berlin. 1942/43 gab es drei größere Zusammenkünfte auf Gut Kreisau. Wie konnte man aus den Deutschen verlässliche Demokraten machen- so lautete ein Thema dieser geheimen Denkfabrik. Es ging um die Bestrafung der Kriegsverbrecher, die Stellung Deutschlands im künftigen Europa und die Menschenrechte.
Uneinig war man sich in der Frage eines Anschlags auf Hitler. Der tiefgläubige Protestant Moltke war strikt dagegen, auch weil er keine neue Dolchstoßlegende provozieren wollte. Die Rolle des Christentums war für die Kreisauer unbestritten. Auch, dass Deutschland wieder ein Rechtsstaat werden müsse, der Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleiste und die unverletzliche Würde der Person anerkenne.
Umstritten ist, welchen Einfluss diese Konzepte auf das spätere Grundgesetz der Bundesrepublik hatten. Wesentliche Elemente der sozialen Marktwirtschaft dachten die Kreisau er vor. Völlig ohne Chancen blieben aber die Konzepte für die staatliche Ordnung. Die Kreisauer wollten den Staat von unten auf Basis überschaubarer Selbstverwaltungseinheiten aufbauen- eine Vorstellung, die dem Subsidiaritätsprinzip der katholischen Kirche ähnelte.
Dass Moltke im Januar 1944 von der Gestapo verhaftet wurde, hatte zunächst nichts mit dem Kreisauer Kreis zu tun. Er wurde festgenommen, weil er einen Freund vor der Verhaftung gewarnt hatte. Zwischenzeitlich schien sogar seine Freilassung möglich. Doch im Zuge der Ermittlungen zum Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 deckte die Gestapo auch die Existenz des Kreisauer Kreises auf; einige der Mitglieder waren in die Umsturzpläne eingebunden.
In der Verhandlung vor dem Volksgerichtshof, auch im Angesicht eines cholerisch schreienden Gerichtspräsidenten Roland Freisler, bewahrte Moltke eine eindrucksvolle Haltung. Für ihn war klar: Freisler ging es um eine Abrechnung mit dem Christentum. In seinem letzten Brief an Freya zitiert Moltke Freisler zustimmend mit den Worten: Nur in einem sind das Christentum und wir gleich: Wir fordern den ganzen Menschen.