90 Jahre Reichskonkordat von Hitler-Deutschland und Vatikan am 30. Juli 1933 abgeschlossen

„Den Teufel in die Schranken weisen“ - Das Reichskonkordat des Heiligen Stuhls mit dem NS-Regime war einer der umstrittensten Verträge im 20. Jahrhundert - und gilt doch bis heute. Auch nach 90 Jahren gehen die Meinungen darüber auseinander.
Von Gregor Krumpholz (KNA)

Verträge mit Unrechtsregimen haben nach deren Ende in der Regel keine lange Dauer. Doch das Reichskonkordat des Heiligen Stuhls mit dem nationalsozialistischen Deutschland ist bis heute in Kraft.

Zum 90. Jahrestag des Vertragsschlusses am 20. Juli ging es bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie Berlin am Mittwochabend um das umstrittene Abkommen, das die Beziehungen zwischen Staat und Kirche umfassend regelt. Beim Auftakt setzte der Papst-Botschafter in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, einen markanten Akzent: Der Heilige Stuhl schaut heute auf das Bestehen dieses Konkordats mit Zufriedenheit zurück, betonte der Apostolische Nuntius aller Kritik zum Trotz. Der Vertrag habe dazu beigetragen, kirchliches Leben in Deutschland zu garantieren, auch wenn es den nationalsozialistischen Kirchenkampf nicht verhindert hat.

Zwar räumte Eterovic ein, dass die Entstehung des Reichskonkordats in die frühe Epoche der nationalsozialistischen Gleichschaltung des kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Lebens in Deutschland fiel, und somit beide Vertragspartner unter ungleichen Voraussetzungen verhandelten. Es sei jedoch sowjetische und nationalsozialistische Propaganda gewesen, den Vertrag vor allem als ersten außenpolitischen Erfolg Hitlers zu sehen. Eine solche Bewertung habe den Heiligen Stuhl in Misskredit bringen sollen. Dies beeinflusse Historiker bis heute, bedauerte der Nuntius. Er kritisierte, dass für manche Behauptungen sogar Quellen aus dem Italienischen verfälscht interpretiert oder sogar falsch übersetzt worden sind. Sie seien in das Narrativ einer international agierenden anti-katholischen Geschichtsschreibung eingegangen. Dagegen habe das Bundesverfassungsgericht 1957 unbeirrt von dieser zeitgenössisch und bis in die bürgerlichen Parteien propagierten Polemik die Gültigkeit des Reichskonkordats für die Bundesrepublik Deutschland anerkannt, weil der westdeutsche Staat völkerrechtlich mit dem Deutschen Reich identisch gewesen sei, würdigte der Nuntius.

Der Potsdamer Historiker Thomas Brechenmacher hob den Zeitdruck hervor, unter dem das Reichskonkordat entstand. Der Vatikan habe möglichst schnell einen schützenden Damm für deutsche Katholiken gegen staatliche Übergriffe schaffen wollen, solange das kirchenfeindliche NS-Regime noch im Aufbau gewesen sei. Man wollte den Teufel in die Schranken weisen, brachte Brechenmacher die Intention des Heiligen Stuhls auf den Punkt, war Hitler aber nicht ganz gewachsen. So habe es schon während der Vertragsverhandlungen Übergriffe gegenüber Priestern und katholischen Organisationen gegeben, die auch international beachtet wurden. Dennoch sei das Konkordat für die Nationalsozialisten ein Prestigeerfolg nach außen gewesen, räumte Brechenmacher ein.

 

News der Katholischen Nachrichten-Agentur

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