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Kalenderblatt: Wannseekonferenz

Vor 80 Jahren fand die Wannsee-Konferenz in Berlin statt

Als „Wannsee-Konferenz“ wird die Besprechung über die Endlösung der Judenfrage, die am 20. Januar 1942 in einer Villa am Wannsee in Berlin stattfand, bezeichnet. Die Besprechung dauerte etwa 90 Minuten; das Protokoll führte Adolf Eichmann. Die Konferenz gilt als wichtige Wegmarke für den von den Deutschen in Gang gesetzten Völkermord an den Juden Europas.

Von Joachim Heinz (KNA )


Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz
Photo: iStock

Am 20. Januar 1942 betrug die Mittagstemperatur in Berlin gerade einmal minus 12 Grad. Was sich vor 80 Jahren in einer Villa am Wannsee abspielte, lässt einem allerdings auch heute noch das Blut in den Adern gefrieren. In eiskalter Bürokratensprache hielten da 15 Männer fest, wie sie für das nationalsozialistische Regime die europäische Judenfrage zu lösen gedachten. Technisch handelte es sich um eine der üblichen Staatssekretärkonferenzen, die an die Stelle der von Hitler unterbundenen Kabinettssitzungen traten, schreibt der Historiker Hans Mommsen. Ungewöhnlich war insbesondere, wie offen die Ergebnisse des Treffens festgehalten wurden. Mommsens Kollege Peter Longerich bezeichnet das Protokoll der Wannseekonferenz, von dem lediglich ein einziges Exemplar erhalten ist, deswegen als Ausnahme. In kaum verklausulierter Form sei über einen Gesamtplan zur europäischen Judenfrage diskutiert worden. Und zwar in einer Art und Weise, die deutlich macht, dass dieses Jahrhundertverbrechen über SS, Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst hinaus aktiv durch Reichskanzlei, Justiz, Innenministerium, Auswärtiges Amt, zivile Besatzungsbehörden, Vierjahresplan (also die oberste Instanz der Rüstung) sowie Partei mitgetragen und mitverantwortet wurde.

Eingeladen hatte der Chef des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich. Der machtbewusste Karrierist stand unter nicht unerheblichem Druck. Bereits im Sommer 1941 hatte ihn Reichsmarschall Hermann Göring beauftragt, einen Plan zur Gesamtlösung der Judenfrage in Europa vorzulegen. Zeitgleich drückte unter anderen der Reichsführer SS Heinrich Himmler aufs Tempo. Hinzu kamen weitere Faktoren, die spätestens ab Herbst 1941 zu einer massiven Radikalisierung der NS-Judenpolitik beitrugen. Darunter fielen die beginnenden Deportationen von deutschen Juden ebenso wie die von Longerich unter dem Begriff regionale 'Endlösungen' zusammengefassten Mordaktionen mithilfe von Gas. Passend zu alledem machte Heydrich die Anwesenden einleitend darauf aufmerksam, dass die Federführung in dieser Angelegenheit ohne Rücksicht auf geographische Grenzen und zentral bei ihm selbst liege.

Deckblatt der Akte „Endlösung der Judenfrage 1939 bis 1943, Inland IIg“ des Auswärtigen Amtes

Sein eigentlicher Plan findet sich ab Seite 7 des Wannsee-Protokolls. Einen Sieg über die Sowjetunion voraussetzend, schwebte Heydrich vor, den Großteil der von den Behörden erfassten rund elf Millionen europäischen Juden als Zwangsarbeiter straßenbauend in den Osten zu führen, wobei zweifellos ein Großteil durch „natürliche Verminderung“ ausfallen wird. Der verbleibende Restbestand müsse „entsprechend behandelt werden“. Das hieß im Klartext nichts anderes, als sämtliche Juden in einem wohl noch nicht bestimmten Zeitraum physisch auszulöschen, wie Experte Longerich schreibt. Die Wirklichkeit überbot die auf der Wannsee-Konferenz erörterten Pläne noch einmal an Grausamkeit. Bereits ein knappes halbes Jahr später ging die SS auf Betreiben Himmlers dazu über, ungeachtet des Kriegsverlaufs und in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Juden zu ermorden. Heydrich war zudem Anfang Juni 1942 an den Folgen eines Attentats gestorben, was Anlass zu der als Vergeltungsoperation deklarierten Aktion Reinhardt bildete. Was nun massenhaft geschah, schilderte SS-Obersturmführer Kurt Gerstein am Beispiel des Vernichtungslagers Belzec: „Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge, Beinamputierte, alle nackt, vollkommen nackt, gehen an uns vorüber. In einer Ecke steht ein launenhafter SS-Mann, der diesen Armen mit salbungsvoller Stimme erklärt: Nicht das geringste wird euch passieren. Die wehrlosen Opfer zogen weiter in die Kammern - in die dann Motorgas geleitet wurde. Nach 32 Minuten endlich ist alles tot.“

Wie Basaltsäulen standen die Ermordeten Gerstein zufolge in den überfüllten Kammern. Selbst im Tode erkennt man noch die Familien, die sich noch die Hand drücken. Die Wannsee-Konferenz war insofern nur eine, wenn auch keineswegs unwichtige Etappe auf dem Weg zum Holocaust - an dessen Ende rund sechs Millionen ermordete Juden standen.

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News der Katholischen Nachrichten-Agentur

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