Pontifikalamt im Welterbe Corvey
„Sie kennen da doch Leute in Berlin…“ mit etwa dieser Aussage meines Kommandeurs startete im Februar 2022 ein für mich sehr spannendes Projekt. Die Planung eines Soldatengottesdienstes.
Nach einigen Telefonaten, Anfragen und Terminabstimmungen fand sich im Kalender unseres Militärbischofs am 26. Oktober noch eine Lücke, und er ließ sich nicht zweimal bitten, an diesem Tag dem Weserbergland einen Besuch abzustatten. So machte nicht nur die Ankündigung, ein Pontifikalamt mit dem katholischem Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck in Corvey feiern zu können, den Termin zu etwas Besonderem, sondern auch das Jubiläum des Veranstaltungsortes selbst. Mit einem großen Festakt läutete die Welterbestätte Corvey am 24. September diesen Jahres ihr Jubiläumsjahr ein. Corvey feiert 1 Jahr lang, mit den verschiedensten Veranstaltungen, dass 1.200 jährige Bestehen des ehemaligen Benediktiner Klosters.
Knapp 8 Monate nach den ersten Ideen zur Ausplanung war es dann am 26. Oktober so weit.
Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek begrüßte als Hausherr der Kirche zu Beginn des Gottesdienstes die anwesende Gemeinde. Er schaffte es, in nur wenigen Sätzen die Anwesenden mit in die geschichtsträchtige Zeit der Abteikirche St. Stephanus und Vitus zu nehmen, bevor er den Militärbischof bat den Gottesdienst zu eröffnen.
Rund 120 Soldatinnen und Soldaten aus den Standorten Höxter, Holzminden und Augustdorf sowie zahlreiche Gästen aus Politik und Gesellschaft waren der gemeinsamen Einladung des Leitenden Militärdekan WEST, Monsignore Rainer Schnettker, und des Kommandeusr des ABC-Abwehrbataillons 7 aus Höxter, Oberstleutnant Michael Gorzolka, gefolgt. Unter ihnen auch unser Bundesvorsitzende, Oberstleutnant Ulrich Schäffer und ein stellvertretender Bereichsvorsitzender und Bereichsgeschäftsführer WEST, Obermaat Jörg Ziegler.
Militärbischof Overbeck fand in seiner Predigt wieder einmal mehr die passenden Worte, die alle Anwesenden aufmerksam zuhören ließen. Man vernahm das unterschwellige Raunen, als der Militärbischof auch den aktuellen Angriffskrieg in seiner Predigt beim Namen nannte und welche Herausforderungen dieser zum einen für die Soldatinnen und Soldaten mit Blick auf ihren Dienst mit sich bringt, aber auch welcher Appell daraus an uns Christen ergeht.
„Wer Gott wahrhaft sucht, lernt den Menschen wahrzunehmen und wertzuschätzen. Freundschaft mit Gott und mit den Menschen gehört zum wahren Leben eines Christen.
Wer heute als Soldatin und Soldat einen Friedensdienst tut und hierauf hin auch verpflichtet ist, der wird in der hohen Komplexität der Welt, gerade auch in den Auseinandersetzungen, die uns der Krieg Russlands gegen die Ukraine bescheren, deutlich sehen, dass dies nicht ohne einen ethischen Kompass möglich ist…
Hier einige Zitate:
Wir Christen müssen auch in ökumenischer Verbundenheit der Überzeugung sein, dass niemals die Gewalt das letzte Wort haben darf, sondern das Recht und damit die Würde aller Menschen…“ Um den festlichen Charakter der Veranstaltung noch zu unterstreichen, begleitete ein Blechbläserensemble des Luftwaffenmusikkorps aus Münster den Gottesdienst. Als dieses nach dieser eindrucksvollen Predigt auch noch „Amazing Grace“ in den Mauern der alten Abteikirche erklingen ließ, musste der ein oder andere doch ein Taschentuch zücken.
Wer bereits öfter das Privileg hatte, Predigten unseres Bischofs zu hören, der weiß; auch zum sexuellen Missbrauch in der Kirche, Frauen in Weiheämtern und zur Machtposition der Kirche hat er klare, zukunftsweisende Ansichten. Diese so klar formuliert von einem Bischof zu hören, hat viele Kameradinnen und Kameraden überrascht, teilweise verwundert, sicherlich beeindruckt und zu vielen Gesprächen über die „Kirche heute“ im Anschluss geführt.
Nach dem Gottesdienst wartete auf die Teilnehmenden noch die traditionelle Erbsensuppe, die der Verpflegungstrupp der 1. Kompanie des ABC-Abwehrbataillons ganz klassisch aus der Feldküche servierte.
Dankesworte des Geschäftsführers des Kulturvereins Höxter-Corvey, Michael Funk (der den Hausherrn des Schlossgeländes Corvey, Herzog Viktor von Ratibor vertrat) beendeten den offiziellen Teil. Bei bestem Wetter war nun noch Zeit miteinander ins Gespräch zu kommen, von der reichlich Gebrauch gemacht wurde.
Persönliches Fazit:
Auch wenn ich mir als Projektverantwortliche eine größere Beteiligung gewünscht hätte, so stimmen mich die anschließenden Gespräche mit Kameradinnen und Kameraden, die noch Tage später beeindruckt von der Messe, vor allem von den Worten und dem Auftreten unseres Militärbischofs waren, positiv. Die Kirche braucht mehr Geistliche wie unserem Militärbischof, mit seinen Ansichten und auch Forderungen nach Veränderungen, dann sieht es bei genauerem Hinsehen gar nicht so düster aus, wie es manchmal den Anschein hat.
Hauptfeldwebel Juliana Haberlag, stv. Bundesvorsitzende der GKS
Fotos: SU Rasinski
Gruppenfoto: U. Schäffer