Papst fordert von Europa Umdenken in Sachen Migration
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Papst Franziskus hat seine Forderungen nach einer neuen Migrationspolitik in Europa bekräftigt. Bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz betonte er am Mittwoch, das Mittelmeer verbinde Menschen, Kulturen und Religionen. Es dürfe weder zu einem Grab noch zu einem Ort der Konflikte werden. Rückblickend auf seine Reise nach Marseille am vergangenen Wochenende rief er zu mehr Humanität und Achtung der Menschenwürde auf. Dazu gehöre auch, dass Menschen selbst über Auswandern oder Bleiben entscheiden könnten. Dazu bedürfe es konkreter lang-, mittel- und kurzfristiger Aktionen. Ein angemessenes Willkommen derjenigen, die nach Europa kommen, sei möglich, wenn die eigene Jugend in Europa eine Perspektive habe. Nur so könne man sich für Begegnungen und Austausch mit anderen Menschen öffnen. Die Mittelmeer-Region müsse wieder zu dem werden, wozu sie schon immer berufen gewesen sei: ein Mosaik der Zivilisation und der Hoffnung, so Franziskus. Am Samstagabend war der Papst von einer zweitägigen Reise in die französische Hafenstadt Marseille zurückgekehrt. Dort hatte er an einer Konferenz teilgenommen, bei der junge Menschen, Kommunalpolitiker und Religionsführer aus den Anrainerstaaten des Mittelmeers über aktuelle Herausforderungen berieten.
Papst wiederholt vor Weltsynode Botschaft einer offenen KircheUmfrage: Negativer Blick auf Zuwanderung nimmt zu in Deutschland
KNA
Laut einer aktuellen Umfrage hat der negative Blick auf Zuwanderung in Deutschland zugenommen. In einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend sagten 64 Prozent, Deutschland habe durch die Zuwanderung eher Nachteile. Im Mai gaben das 54 Prozent an. 27 Prozent sehen derzeit eher Vorteile. Damit wächst laut der Umfrage auch die Unterstützung für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen: 64 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass Deutschland weniger Flüchtlinge aufnehmen solle, im Mai waren es 52 Prozent. 27 Prozent sagten, sie wollten genauso viele Flüchtlinge wie derzeit aufnehmen, und 5 Prozent sprachen sich dafür aus, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen solle - im Mai sagten das 8 Prozent.
In der Frage nach konkreten Maßnahmen zum Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland fand eine Verstärkung der Grenzkontrollen die höchste Unterstützung mit 82 Prozent. 77 Prozent sprachen sich dafür aus, dass Deutschland mit afrikanischen Staaten ein Flüchtlingsabkommen abschließen sollte. 71 Prozent waren für die Einführung einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen und 69 Prozent für die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer.
Der generell kritische Blick auf das Thema Migration spiegelt sich auch im Urteil über die aktuelle Flüchtlingspolitik wider: Dass die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern aktuell gut oder eher gut gelinge, fanden 9 Prozent. 14 Prozent waren der Ansicht, die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gelinge gut oder eher gut. Der Aussage, dass die Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft generell gut oder eher gut gelinge, stimmten 16 Prozent zu. Bei einer ähnlichen Umfrage im September 2018 lagen all diese Werte deutlich höher. Besonders stark abgenommen seitdem hat die positive Bewertung mit Blick auf die Unterbringung und Verteilung von Flüchtlingen: Während im September 2018 noch 43 Prozent angaben, dass dies gut oder sehr gut gelinge, waren jetzt nur noch 19 Prozent dieser Ansicht.
Bei der Frage nach einer generellen Lösungsperspektive sprachen sich knapp zwei Drittel (64 Prozent) für eine Lösung auf EU-Ebene aus, ein knappes Drittel (31 Prozent) nannte eine Lösung auf nationaler Ebene sinnvoller (31 Prozent). Allerdings sagten 70 Prozent, sie glaubten nicht, dass eine Lösung auf europäischer Ebene zeitnah realisierbar sei
Vor 50 Jahren starb Ben Gurion - Gründer des modernen Israel Beginn einer „unmöglichen Freundschaft“
Er gilt als Vater der Nation, als Gründervater Israels. David Ben Gurion forcierte den Traum von der jüdischen Heimstatt zum demokratischen Staat und wurde Israels erste Ministerpräsident. Er starb vor 50 Jahren.
Von Johannes Schidelko (KNA)
Die Gründungszeremonie war schlicht und emotional - und löste einen Krieg aus, ähnlich dem, der den Nahen Osten derzeit erneut erschüttert. Am Nachmittag des 14. Mai 1948 proklamierte David Ben Gurion im Tel Aviver Kunstmuseum den „jüdischen Staat im Land Israel, den Staat Israel“. Vor 350 geladenen Gästen verlas er die Unabhängigkeitserklärung. Rabbi Fishman sprach mit bewegter Stimme den Schehechejanu-Segen. Dann intonierte ein Orchester die Nationalhymne Hatikwa. Die Zeremonie dauerte 32 Minuten.
„2.000 Jahre haben wir auf diese Stunde gewartet“, eröffnete Ben Gurion seine Rede. Mit Mut, Bereitschaft zum Risiko und Gespür für den richtigen Zeitpunkt hatte der 62- Jährige das Machtvakuum zum Ende des britischen Mandats über Palästina genutzt. Wenige Stunden nach der Zeremonie griffen fünf arabische Staaten den neuen Nachbarn an, der mit zusammengekauften tschechischen Waffen den erfolgreichen Widerstand organisierte. Die Waffenstillstandslinien von 1949 umschlossen ein größeres jüdisches Terrain als der UNO-Teilungsplan von 1947. Dabei wollte Ben Gurion, 1886 in Plonsk im zaristischen Polen als David Grün geboren und von Jugend an begeisterter Sozialist und Zionist, den Nachbarstaaten „die Hand zum Frieden und zu guter Nachbarschaft“ reichen. Die in Israel lebenden Araber rief er auf, sich gleichberechtigt am Aufbau des neuen Staates zu beteiligen. Aber sie machten mobil. Schon 1906 war Ben Gurion nach Palästina ausgewandert. 1915 heiratete er die jüdisch-russische Bibliothekarin Paula Munweis, mit der er drei Kinder hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg gründete er die sozialistische Arbeiterpartei Mapai, die führende Kraft der zionistischen Bewegung, die die jüdische Einwanderung nach Palästina und die Gründung jüdischer Siedlungen forcierte. In seine dreizehn Jahre lange, 1953 kurz unterbrochene Amtszeit fiel 1956 der Suez-Krieg. 1960 überraschte Ben Gurion die internationale Öffentlichkeit mit der Entführung des Holocaust-Koordinators Adolf Eichmann aus Argentinien, der in Israel vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt wurde. 1963 trat er vom Amt des Premiers zurück, blieb aber bis 1970 Mitglied der Knesset. Nach dem Sechstagekrieg 1967 sprach er sich dagegen aus, weiteres arabisches Land zu annektieren.
Schon sehr früh trat Ben Gurion in Kontakt mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Die beiden verband eine zu ihrer Zeit „unmögliche Freundschaft“, die dann zu einer „unmöglichen Freundschaft“ der beiden Länder wurde, wie der frühere Adenauer-Stiftungs-Repräsentant in Jerusalem, Michael Borchard, schrieb. Schon kurz nach Amtsantritt plante Adenauer, das Verhältnis des deutschen Volkes zum Judentum und zum Staat Israel auf eine neue Grundlage zu stellen. Dabei signalisierte er die deutsche Bereitschaft zu einer Wiedergutmachung für das Unrecht des NS-Regimes an den Juden. Dies löste eine rege Geheimdiplomatie aus. Während in der israelischen Öffentlichkeit erhebliche Vorbehalte gegenüber der „Nation der Mörderinnen und Mörder“ und einem „Blutgeld“ bestanden - besonders geschürt von seinem Gegenspieler (und späteren Ministerpräsidenten) Menachim Begin -, war Ben Gurion zu Wiedergutmachungsverhandlungen bereit. Er wollte die Existenz Israels sichern, das infolge der wachsenden Einwanderung und der Waffenkäufe in massiver Geldnot war. Zum historischen Spitzentreffen kam es dann am 14. März im New Yorker Waldorf-Astoria-Hotel. Wegen der wartenden Journalisten stieg Ben Gurion über eine Feuerleiter zwei Etagen zur Adenauer-Suite hinab. Offenbar stimmte - trotz aller Unterschiede - die Chemie beim Zusammentreffen des katholischen Konservativen mit dem sozialistischen Zionisten, so Borchard. 1966, ein Jahr nachdem die Bundesrepublik Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten, besuchte der Pensionär Adenauer den ebenfalls pensionierten Premier in dessen Wüstenkibbuz. Als der Ex-Kanzler ein Jahr später starb, reiste Ben Gurion - als erster israelischer Spitzen-Repräsentant - zu dessen Beerdigung ins Rheinland. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Ben Gurion im Kibbuz Sede Boker im Negev. Er widmete sich der Lektüre; seine private Bibliothek umfasst mehr als 20.000 Bände. Er kannte elf Sprachen, konnte zwar nicht alle sprechen, wohl aber Deutsch. Zudem schrieb er seine Memoiren. Er starb am 1. Dezember 1973 nach kurzer Krankheit.